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Razzia bei Hymer – Betrug bei Gewichtsangaben von Wohnmobilen?

Am 26.01.2022 wurde durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Razzia beim Wohnmobil-Giganten Hymer durchgeführt. Hintergrund sind möglicherweise falsche Gewichtsangaben bei Wohnmobilen – es wird wegen des Verdachts des Betrugs  und der strafbaren Werbung ermittelt.

Bei falschen Gewichtsangaben können betroffene Wohnmobil- käufer unter Umständen vom Kaufvertrag zurücktreten, eine Kaufpreisminderung oder gar Schadensersatz verlangen.

Hymer Leergewicht

Ermittler durchsuchen Büros und Fabrikhallen von Hymer

Polizeibeamte und Staatsanwälte haben im Januar die Zentrale des Wohnmobilherstellers Hymer in Bad Waldsee durchsucht. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte die Razzia. Gegen Mitarbeiter der Erwin Hymer Group SE werde wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung ermittelt. Hintergrund seien Gewichtsangaben bei dem Verkauf von Wohnmobilen. Neben der Zentrale in der Nähe von Ravensburg seien auch weitere Objekte durchsucht worden. Spezialisten des Landeskrimimalamtes hätten dabei geholfen.

Eine Sprecherin von Hymer bestätigte den „Vorwurf von Gewichtsabweichungen bei Wohnmobilen“. Man habe größtes Interesse, alles aufzuklären und werde natürlich vollumfänglich mit den Behörden kooperieren, so die Hymer-Sprecherin.

Update 2025

Im Januar 2025 gab die Staatsanwaltschaft Stuttgart bekannt, dass Hymer im Rahmen einer Einziehungsordnung Geld zahlen muss - die Rede ist von einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag. Grund sind Aufsichtspflichtverletzungen von Mitarbeitern, wobei sich die Höhe der Strafe auf die Summe bezieht, die das Unternehmen durch diese Verletzungen im Zusammenhang mit Gewichtsangaben verdient hatte, so die Staatsanwaltschaft. Bußgeldverfahren gegen die entsprechenden Mitarbeiter wurden jedoch eingestellt.

Gewicht von Wohnmobilen zu niedrig angegeben?

Hintergrund der Gewichtsfrage bei Wohnmobilen ist, dass nur Fahrzeuge bis zu 3,5 Tonnen mit einem normalen Führerschein der Klasse B gefahren werden dürfen. Für schwerer Wohnmobile wird dagegen ein Lkw-Führerschein benötigt. Hersteller wie Hymer haben natürlich ein Interesse daran, dass möglichst viele ihrer Wohnmobile von möglichst vielen Führerscheinbesitzern gefahren werden dürfen. Die Branche versucht deshalb immer wieder, die Gewichtsgrenze anzuheben, beispielsweise auf 4,25 Tonnen.

Das Fachmagazin promobil erklärt das schon lange bestehende Problem hinsichtlich des Gewichts von Wohnmobilen und der dazugehörigen Angaben. Die Hersteller wollen im Prospekt ein möglichst geringes Gewicht angeben, damit die erlaubte Zuladung besonders hoch und damit attraktiv erscheint. Ist ein Fahrzeug grundsätzlich leichter, dürften die Nutzer entsprechend mehr einpacken, bevor sie an die 3,5 Tonnen Grenze gelangen. Wird diese überschritten, drohen bei einer Kontrolle empfindliche Strafen.

Es liegt deshalb nahe, dass Hymer ein zu geringes Gewicht seiner Wohnmobile angegeben hat, um für potentielle Kunden attraktiver zu sein.

Erste Rückrufe aufgrund von falschen Gewichtsangaben bei Fiat

Im Januar veröffentlichte das Kraftfahrt-Bundesamt einen Rückruf für den Fiat Talento. Hintergrund: Ein fehlerhaft eingetragenes Gesamtgewicht in der Zulassungsbescheinigung. Dabei geht es um Fahrzeuge, die erst 2021 gebaut worden waren. Fiat muss deshalb die Konformitätsbescheinigung und die Zulassungsbescheinigung aktualisieren. Für die Halter bedeutet dies, dass die tatsächlich mögliche Zuladung niedriger ist als gedacht und als von Fiat angegeben. Einen ganz ähnlichen Rückruf veröffentlichte das KBA bereits im Sommer 2021. Hier war der Fiat 500 betroffen. Das Problem hierbei war ganz deutlich, dass ein fehlerhaft angegebenes Gesamtgewicht zur Überladung führen würde.

Messen Sie selber nach!

Um zu überprüfen, ob Ihnen der Hersteller das Leergewicht korrekt mitgeteilt hat, können Sie selber nachwiegen. Anbieter wie der TÜV oder die DEKRA stellen eine Waage zur Verfügung, mit der Sie das Leergewicht Ihres Wohnmobils ermitteln können.

Drohende Bußgelder bei einem überladenen Wohnmobil

LandStrafeToleranzHinweise
Deutschland10 – 235 Euro (ab 20% Überladung 1 Punkt)5% 
Österreich36 – 5.000 EurokeineAb 2% Überladung kann die Weiterfahrt untersagt werden
Schweiz85 – 170 EurokeineAb 5% Überladung erfolgt eine Anzeige und eine individuelle Strafzumessung
Frankreich135 – 750 EurokeineAb 5% Untersagung der Weiterfahrt, ab 20% Stilllegung und Strafverfahren
Niederlande130 – 850 Euro10% 
Belgien110 – 330 Euro2%Ausländer müssen bar zahlen, sonst droht Beschlagnahmung des Fahrzeugs
Dänemark10 Euro je Prozent Überladung1% 
Schweden200 – 400 Euro1% 
Italien60 – 1.700 Euro5% 
Spanien300 – 4.600 Euro5% 
Großbritannien70 – 6.000 Eurokeine 

Bei Überladung drohen hohe Strafen

Sollten Sie aufgrund eines zu niedrig angegebenen Leergewichts überladen unterwegs sein, drohen hohe Bußgelder, vor allem im Ausland. Auch die Weiterfahrt kann untersagt werden. In Deutschland droht zudem ein Punkt in Flensburg.

Außerdem gefährden Sie nicht nur sich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer, wenn Sie mit einem überladenen Wohnmobil unterwegs sind. Denn der Bremsweg verlängert sich und auch das Verhalten des Fahrzeugs bei der Beschleunigung und in der Kurve ist ein anderes. 

Zudem kann es passieren, dass sich die Versicherung bei einem überladenen Wohnmobil weigert, zu zahlen.

Hymer Group in Wohnmobil Dieselskandal verwickelt

Zur Hymer Group SE gehören neben der Wohnmobilmarke Hymer noch viele weitere Marken, unter anderem:

Hymer, Bürstner, Carado, Compass, Dethleffs, Etrusco, Laika, LMC, Niesmann + Bischoff und Sunlight.

Sie hat damit einen Marktanteil von gut 30%. Seit 2019 gehört Hymer übrigens zum amerikanischen Wohnmobil-Hersteller Thor Industries. 

Die Hymer Group und ihre Marken sind auch in den Wohnmobil Dieselskandal verwickelt. Die meisten Wohnmobile basieren auf dem Fiat Ducato. Fiat hat viele seiner Dieselmotoren mit einem sogenannten Timer ausgestattet – laut dem Kraftfahrt-Bundesamt handelt es sich dabei um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Da diese Motoren dann an die Hersteller geliefert wurden, sind entsprechend viele Wohnmobile mit diesem Timer ausgestattet. Er sorgt dafür, dass die Abgasreinigung der Fahrzeuge schon nach 22 Minuten abgeschaltet wird. Für die kurze Fahrt auf dem Prüfstand reicht das aus, um sauber zu erscheinen. Tatsächlich stoßen die Wohnmobile aber viel mehr Stickoxid aus als erlaubt. Betroffene Wohnmobilkäufer können deshalb Schadensersatz fordern.

Rechte von betroffenen Hymer-Kunden

Betroffene Hymer-Kunden haben bestimmte Rechte, wenn sich herausstellt, dass der Hersteller tatsächlich falsche Angaben bezüglich des Gewichts von Wohnmobilen gemacht hat. Gegen den Verkäufer beziehungsweise den Händler können dann Gewährleistungsrechte bestehen. Hier ist allerdings die Gewährleistungsfrist zu beachten, die bei Neufahrzeugen beispielsweise 2 Jahre beträgt.

Das heißt, ein Anspruch auf Kaufpreisminderung, ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag oder ein Anspruch auf Schadensersatz können gegeben sein.

Unter Umständen bestehen auch Ansprüche gegenüber Hymer selbst, nämlich dann, wenn belegt wird, dass sich der Hersteller die Typgenehmigung für seine Wohnmobile durch falsche Angaben erschlichen hat. In diesem Fall kann ebenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen.

Bei Schadensersatz ist es möglich, das Fahrzeug gegen Erstattung des Kaufpreises und unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung zurückzugeben. Alternativ kann der kleine Schadensersatz gewählt werden. Hierbei wird das Wohnmobil behalten und der Hersteller muss eine Entschädigung leisten.

Beispielrechnung für den kleinen Schadensersatz

Kaufpreis75.000 Euro
Entschädigung in Höhe von 20%15.000 Euro

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HAHN Rechtsanwälte prüft dabei auch kostenfrei die mögliche Betroffenheit Ihres Wohnmobils im Hinblick auf die unzulässige Abschalteinrichtung.

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