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Haben Sie Ihr Fahrzeug aufgrund eines finanziellen Engpasses bei Pfando gegen Geld verkauft und zur eigenen Nutzung angemietet?
Der BGH bestätigt nun ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, wonach ein Kauf- und Mietvertrag von Pfando wegen Wucher sittenwidrig ist.
Pfando und vergleichbare Anbieter erscheinen vielen Kunden, die in Zahlungsschwierigkeiten sind, als die heilsbringende Lösung:
Sie erhalten für ihr Auto (Pfando nimmt auch andere Fahrzeuge wie Boote, Motorräder oder Wohnmobile an) zunächst einen Betrag (Kaufpreis) und nutzen das Fahrzeug gegen Zahlung eines Mietzinses weiter.
Das Problem nur: Allzu oft besteht ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs. Der BGH hat entschieden, dass Kunden, bei denen ein sittenwidriges Missverhältnis besteht (Wucher), durch Rückabwicklung des Kauf- und Mietvertrages Schadensersatz geltend gemacht werden kann (BGH, Urteil vom 16.11.2022 zur mündlichen Verhandlung vom 26.10.2022 - VIIII ZR 436/21).
Was kann man tun, wenn man etwa seine Miete oder sonstige Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen kann, das verfügbare Geld einfach nicht reicht? Dieses Thema beschäftigt Verbraucher und Unternehmen zunehmend, nicht erst seit der hohen Inflation und den steigenden Preisen.
Eine Möglichkeit: Man versucht bestehende Vermögenswerte zu Geld zu machen, etwa das eigene Auto. Nachteil nur, bei einem Verkauf des Fahrzeugs auf dem Markt muss dieses auch übergeben und übereignet werden, so dass man es nicht weiter nutzen kann. Für den, der auf sein Auto angewiesen ist, ist der Verkauf daher kein gangbarer Weg.
Eine Lösung für das Problem bietet beispielsweise Pfando an, indem hier sofort Bargeld angeboten wird bei gleichzeitig möglicher weiterer Nutzung des Fahrzeugs. Wer sich auf ein solches Modell aus Geldnot eingelassen hat, bereut dies unter Umständen jedoch schon bald und sieht sich im Nachhinein über den Tisch gezogen.
Erläuterungen zum Geschäftsmodell von Pfando und den rechtlichen Möglichkeiten von Betroffenen.
Pfando, die Pfando`s cash & drive GmbH mit Sitz in Berlin, bezeichnet sich selbst als Kfz Pfandleihhaus und Marktführer in Deutschland. Pfando wirbt mit dem Slogan: „Sofort Bargeld bekommen und mobil bleiben - auch mit negativer Schufa. Bei Pfando erhalten Sie in 60 Minuten Bargeld für Ihr Kfz und können wie gewohnt weiterfahren!" Geworben wird damit, dass jeder schnell und unkompliziert Bargeld erhalten kann und zwar ohne Schufa- oder Bonitätsprüfung.
Das Modell basiert auf einem sogenannten sale & rent back-Prinzip:
Die Kunden verkaufen ihr Fahrzeug an Pfando und erhalten dafür den vereinbarten Verkaufspreis. Zeitgleich mietet der Verkäufer das Fahrzeug für eine bestimmte Zeit an und zahlt dafür den entsprechenden Mietzins. Pfando lässt sich nach Vertragsunterzeichnung den Zweitschlüssel sowie die Zulassungsbescheinigung Teil II aushändigen. Am Ende des Mietvertrages ist vorgesehen, dass das Fahrzeug durch eine öffentliche Versteigerung verwertet wird. Dabei setzt sich der Aufrufpreis in der öffentlichen Versteigerung aus dem Ankaufpreis zuzüglich verschiedener weiterer Position zusammen, wie ausstehende Mieten, nicht ersetzen Schäden und den Kosten der Versteigerung.
Das Modell wird nicht nur Privat-, sondern auch Geschäftskunden angeboten. Auch Unternehmen könnten, so die Ausführungen auf der Homepage, bei kurzfristigen Engpässen die Liquidität dank der Kreditalternative schnell wiederherstellen und etwa Lohnzahlungen sichern. Vorteil bei den Geschäfts- und Firmenwagen wäre weiter, dass diese die Kosten steuerlich absetzen könnten.
Geklagt hatte ein seit 2017 selbstständiger Auto- bzw. Autoteile-Händler. Dieser hatte sich aufgrund eines Kreditbedarfs an Pfando gewandt und dabei gegen Verkauf seines BMW M5 5.000,00 Euro von Pfando als Kaufpreis erhalten. Zum damaligen Zeitpunkt, am 02.01.2018, hatte der BMW einen Wert von 13.700 Euro (Händlereinkaufswert). Der Kläger hat nicht nur das Fahrzeug verkauft, sondern gleichzeitig auch einen Mietvertrag zur Nutzung desselben abgeschlossen. Nach dem abgeschlossenen Mietvertrag sollte er von Januar 2018 bis Juli 2018 monatlich 495,00 Euro zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 99,00 Euro zahlen. Der Mietvertrag wurde sodann einvernehmlich bis zum 1. April 2019 verlängert.
Im weiteren zahlte der Kläger die Miete für Oktober 2018 nicht, worauf Pfando die Kündigung des Mietvertrages aussprach und den Kläger aufforderte, das Fahrzeug bis zum 19.10.2018 an sie zu übergeben. Das Fahrzeug wurde schließlich versteigert und im weiteren Internet zum Preis von 16.900,00 Euro angeboten.
In dem vorstehenden Fall hatte bereits das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Urteil vom 02.08.2021 - I-18 U 105/20 -), dass es sich um ein sittenwidriges und damit nichtiges Geschäft gemäß § 138 BGB handelt. Der BGH bestätigte dieses Urteil am 16.11.2022 (Aktenzeichen VIII ZR 436/21)
Die Definition ergibt sich aus § 138 Abs. 2 BGB. Danach ist insbesondere ein Rechtsgeschäft nichtig, bei dem Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen. In diesem Fall spricht die Rechtsprechung von einem sogenannten wucherähnlichen Rechtsgeschäft. In § 138 Abs. 2 BGB heißt es:
„Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.“
Ein solches auffälliges Missverhältnis hat das OLG Hamm in dem vorstehend geschilderten Fall angenommen (Urteil vom 02.08.2021 - I-18 U 105/20 -) und bestätigt, dass der Kaufvertrag zwischen dem Kläger und Pfando sittenwidrig ist. Von einem auffälligen Missverhältnis und damit Wucher ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Veräußerung doppelt so hoch war wie der vereinbarte Kaufpreis. Im vorliegenden Fall hatte der Sachverständige den Kaufpreis mit 13.700,00 Euro ermittelt. Der Verkäufer (Kläger) selbst hatte von Pfando lediglich 5.000,00 Euro erhalten.
Liegt ein grobes Missverhältnis vor, wird von der Rechtsprechung zudem die verwerfliche Gesinnung vermutet.
Das Oberlandesgericht Hamm hat deshalb dem Kläger zum einen Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs, der sich bei Kraftfahrzeugen nach dem Preis eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeugs richtet, zugesprochen. Dies war in dem vorstehenden Fall ein Wiederbeschaffungswert von 16.000,00 Euro. Darüber hinausgehend wurde Pfando verurteilt, die gezahlten Miete nebst Bearbeitungsgebühr zurück zu erstatten. Anrechnen lassen muss sich der Kläger den erhaltenen Kaufpreis. Insgesamt ergab sich damit folgende Berechnung:
Schadensersatz für Wiederbeschaffung des Pkw | 16.000,00 Euro |
Miete zzgl. Bearbeitungsgebühr | 4.545,00 Euro |
Abzüglich erhaltener Kaufpreis | 5.000,00 Euro |
Anspruch | 15.545,00 Euro |
Das Urteil des OLG Hamm wurde nunmehr vom BGH bestätigt (Urteil vom 16.11.2022 - VIII ZR 436/21). Der BGH bestätigte in der mündlichen Verhandlung insbesondere, dass es sich um ein „wucherähnliches Rechtsgeschäft“ handelt, das demzufolge nichtig ist. Angesichts des in diesem Fall gegebenen „besonders groben Missverhältnisses“ werde eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten (Pfando) auch vermutet.
Ausgehend von der BGH-Entscheidung sind alle Verträge sittenwidrig und damit nichtig, bei denen der Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Verkaufs 100 % über dem vereinbarten Kaufpreis lag. Es liegt dann der Tatbestand des Wuchers vor. Der Kauf- und Mietvertrag sind daher rückabzuwickeln.
Sollte das Fahrzeug bereits verwertet worden sein, steht dem Kunden ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswertes zu. Sofern Pfando das Fahrzeug beispielsweise aufgrund von Zahlungsverzugs bereits beim Kunden abgeholt hat, dieses allerdings noch nicht verwertet wurde, besteht grundsätzlich ein Herausgabeanspruch des Kunden.
Wir können für Sie im Rahmen einer einstweiligen Verfügung durchsetzen, dass Pfando Ihnen Ihr Auto während des Verfahrens nicht wegnehmen und veräußern oder anderweitig verwerten darf.
Die Sittenwidrigkeit ist natürlich nur ein möglicher juristischer Ansatzpunkt. Darüber hinausgehend ist das Konzept unter verschiedenen anderen rechtlichen Aspekten problematisch, etwa wegen der Höhe des Mietzinses. Hierzu gibt es allerdings noch keine höchstrichterliche Entscheidung.
Die bestehende Rechtsschutzversicherung. Im Fall des vollständigen Obsiegens müssen die Kosten von der Gegenseite getragen werden.
Senden Sie uns einfach Ihre Pfando-Verträge (Kauf- und Mietvertrag) zu. Wenn möglich (nicht Voraussetzung der Erstbewertung), teilen Sie uns weiter mit, von welchem Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Verkaufes ausgegangen werden konnte.
Wie das Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, kann ein Anspruch auf Zahlung in Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Pkw zuzüglich der gezahlten Miete und der Bearbeitungskosten abzüglich des von Pfando gezahlten Kaufpreises bestehen.
Die Verjährung beträgt maximal zehn Jahre. Das heißt, dass Sie bis zu zehn Jahre nach Abschluss des Vertrages Schadensersatz bzw. Rückabwicklung geltend machen können.
Eine Klage ist unabhängig davon, ob Ihr Auto bereits von Pfando versteigert wurde, möglich. Der Schadensersatz, den wir für Sie verlangen, bezieht sich ja auf den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs (zuzüglich Miete und Bearbeitungskosten, abzüglich Kaufpreis). Es geht nicht um die Herausgabe Ihres tatsächlichen PKWs.
Die bestehende Rechtsschutzversicherung. Im Fall des vollständigen Obsiegens müssen die Kosten von der Gegenseite getragen werden.
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