Kaufrecht: Wann liegt ein Mangel vor?
§ 434 BGB erläutert, wann ein Mangel vorliegt.
§ 434 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung (a.F.) definierte einen Sachmangel folgendermaßen:
„Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,
1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.“
Die Vorschrift wurde zum 01.01.2022 leicht abgeändert und lautet nun (auszugsweise):
„(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.“
Gefahrübergang: Hiermit ist der Zeitpunkt der Übergabe der gekauften Sache gemeint.
Subjektive Anforderungen: Die vereinbarte Beschaffenheit (zum Beispiel hinsichtlich Art, Menge, Qualität, Funktionalität) muss gegeben sein. Die Sache muss für die laut Vertrag ausgemachte Verwendung geeignet sein. Das vereinbarte Zubehör, sowie vereinbarte Anleitungen müssen ebenfalls übergeben werden.
Objektive Anforderungen: Die Sache muss sich für die gewöhnliche Verwendung eignen. Sie muss eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann, auch hinsichtlich gemachter Werbeversprechen.
Auch eine Falschlieferung stellt einen Sachmangel dar. Hierzu ebenfalls § 434 BGB:
„(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.“
Die Beweislastumkehr
Auch hier gab es zum 01.01.2022 eine Änderung im Kaufrecht – die neuen Regeln sind im Sinne der Verbraucher. So wird die Frist für die sogenannte Beweislastumkehr verlängert.
§ 477 BGB sieht hierzu vor:
„(1) Zeigt sich innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang ein von den Anforderungen nach § 434 oder § 475b abweichender Zustand der Ware, so wird vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands unvereinbar.“
Das bedeutet, dass der Gesetzgeber für das erste Jahr nach Übergabe der Sache davon ausgeht, dass ein angezeigter Mangel bereits bei der Übergabe bestanden hat. Der Käufer muss dies nicht nachweisen. Erst nach Ablauf des ersten Jahres kehrt sich die Beweislast auf den Käufer um. Wenn Sie dann noch einen Mangel entdecken, befinden Sie sich zwar noch in der Gewährleistung, müssen aber nachweisen, dass dieser bereits bei der Übergabe bestanden hat, um eine kostenfreie Nachbesserung zu erhalten.
Sachmängelhaftung / Gewährleistung: Diese Rechte haben Sie
Stellen Sie an der von Ihnen gekauften Sache während der Gewährleistungsfrist einen Mangel fest, haben Sie das Recht auf Nacherfüllung. Entweder muss der Verkäufer den Mangel reparieren oder Ihnen ein neues mangelfreies Fahrzeug zur Verfügung stellen. Dabei haben Sie die Wahl, für welche Art der Nacherfüllung Sie sich entscheiden. Nur, wenn die Kosten für die eine Art unverhältnismäßig hoch sind oder wenn beispielsweise eine Ersatzlieferung aufgrund eines Unikats nicht möglich ist, entfällt die Wahl.
Weigert sich der Verkäufer, den Mangel zu beheben, reagiert er nach der Meldung nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder scheitert die Nachbesserung, so haben Verbraucher weitere Rechte.
Kosten für die Nacherfüllung
Kosten, die für die Nacherfüllung (sei es Reparatur oder Ersatzlieferung) anfallen, trägt der Verkäufer. Siehe hierzu auch § 439 BGB:
„(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.“
Da die Reparatur am Standort des Verkäufers stattfindet, müssen Sie ihm die zu reparierende Ware aushändigen. Die Kosten hierfür trägt allerdings der Verkäufer.
Kaufpreisminderung
Gelingt die Nachbesserung nicht, können Sie den Kaufpreis mindern. Die Höhe dieser Kaufpreisminderung muss für jeden Fall individuell berechnet und im Zweifel geschätzt werden. § 441 BGB sieht dazu vor:
„(3) Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.“
Rücktritt vom Kaufvertrag
Alternativ haben Sie die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Dabei müssen Sie die erworbene Ware zurückgeben und bekommen im Gegenzug den Kaufpreis erstattet.
Schadensersatz
Und schließlich kann auch ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Das ist in den Fällen der Fall, in denen der Verkäufer den Mangel schuldhaft zu vertreten hat oder die Nacherfüllung schuldhaft verzögert.
Wenn Ihnen Schadensersatz zusteht, gilt dies zusätzlich zu einer möglichen Kaufpreisminderung oder der Rückzahlung des Kaufpreises nach Ihrem Rücktritt vom Kaufvertrag.
Änderungen im Kaufrecht 2022
Zum 01.01.2022 gab es zahlreiche Änderungen im Kaufrecht, in der Regel mit verbraucherfreundlichen Ergebnissen. Folgend eine Übersicht einiger wichtiger Änderungen, die bei Verträgen gelten, die ab dem 01.01.2022 unterzeichnet worden sind:
- Voraussetzungen für den Rücktritt vom Kaufvertrag
- Beweislastumkehr
- Verjährungsfristen
Voraussetzungen für den Rücktritt vom Kaufvertrag:
Früher galt zum einen, dass der Käufer dem Verkäufer grundsätzlich eine Frist zur Nachbesserung eines Mangels setzen musste und zum zweiten, dass der Verkäufer zwei Versuche hatte, die Nacherfüllung zu leisten. Beides hat sich geändert. Nun muss keine konkrete Frist mehr gesetzt werden und schon ein erfolgloser Nachbesserungsversuch reicht aus, um weitere Schritte einzuleiten (beispielsweise Rücktritt vom Kaufvertrag oder Kaufpreisminderung).
Beweislastumkehr:
Auch hierzu gab es eine verbraucherfreundliche Gesetzesänderung. Trat die Beweislastumkehr bisher bereits sechs Monate nach Übergabe der Ware ein, gilt sie bei Verträgen ab dem 01.01.2022 erst nach 12 Monaten. So lange muss der Käufer nicht nachweisen, dass ein Mangel bereits bei der Übergabe vorlag, denn der Gesetzgeber geht schlicht davon aus.
Verjährungsfristen:
Bei Verträgen, die ab dem 01.01.2022 unterzeichnet worden sind, gilt, dass die Verjährung frühestens vier Monate nachdem der Mangel des erste Mal auftrat, eintritt. Das heißt, tritt der Mangel einen Tag vor Ablauf von zwei Jahren nach der Übergabe auf, verlängert sich die Gewährleistungsfrist um weitere vier Monate. Zudem gilt, dass bei der erfolgreichen Nacherfüllung die Gewährleistungsfrist um zwei Monate verlängert wird. So kann der Käufer prüfen, ob die Nacherfüllung auch wirklich gelungen ist.
Kaufrecht: Wir helfen bei Sachmängeln und der Durchsetzung Ihrer Rechte
Ein Verkäufer hat Ihnen eine mangelhafte Sache geliefert? Er weigert sich, den Mangel zu beheben oder scheitert daran? Sie möchten vom Kauf zurücktreten oder zumindest eine Minderung des Kaufpreises erreichen?
Gerne unterstützen wir Sie und beraten Sie zu Ihren kaufrechtlichen Ansprüchen.