NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus)

Der NEFZ – Neuer Europäischer Fahrzyklus – war von 1992 bis 2017 das standardisierte Testverfahren zur Messung von Kraftstoffverbrauch, CO₂-Ausstoß und Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen in der EU. Ziel des NEFZ war es, vergleichbare Daten für unterschiedliche Fahrzeugmodelle zu liefern. Der Test wurde im Labor unter exakt festgelegten Bedingungen durchgeführt. Das Messverfahren sah sich starker Kritik ausgesetzt, da die im Labor gemessenen Werte sehr realitätsfern waren, weshalb der NEFZ 2017 durch den realitätsnäheren WLTP Fahrzyklus abgelöst wurde. 



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NEFZ: Aufbau des Testzyklus

Der inzwischen veraltete Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) wurde nach genau vorgegebenen Bedingungen durchgeführt. Hierzu gehörten unter anderem:

  • Dauer: ca. 20 Minuten
  • Strecke: simulierte 11 Kilometer
  • Maximalgeschwindigkeit: 120 km/h (tatsächlich meist nicht über 90 km/h)
  • Konstant niedrige Beschleunigungs- und Verzögerungsphasen
  • Außentemperatur: zwischen 20 und 30 °C
  • Elektronische Verbraucher (Klimaanlage, Radio, Licht) werden deaktiviert

 

Kritik am NEFZ

Der NEFZ wurde stark kritisiert, da das Verfahren zahlreiche Schlupflöcher bot, mit denen die Hersteller extrem niedrige Werte auf dem Prüfstand erzielen konnten. Tatsächlich waren der Kraftstoffverbrauch, die Stickoxid- und die CO2-Emissionen im realen Betrieb jedoch weit höher. Nicht nur, dass dem Staat Steuereinnahmen in Millionenhöhe verloren gingen (durch die eigentlich höheren CO2-Emissionen hätten die Kfz-Steuern höher ausfallen müssen), die Käufer fühlten sich auch getäuscht. Zum einen konnten sie mit ihrem Fahrzeug unmöglich die Werte erzielen, die im Prospekt versprochen wurden, zum anderen sorgte dies auch für höhere Ausgaben, beispielsweise aufgrund des höheren Kraftstoffverbrauchs.

Die Hersteller nutzten alle möglichen Tricks, um vor allem den Verbrauch zu senken. So wurden Fugen abgeklebt, ein erhöhter Reifendruck oder sogar besondere Leichtlaufreifen wurden verwendet, die Fahrzeuge waren so leicht wie nur irgend möglich, es wurde mit besonderen Schmierölen gearbeitet und Stromfresser wie die Klimaanlage waren ausgeschaltet. All dies war nach den NEFZ Richtlinien erlaubt.

Hinzu kam, dass der Fahrzyklus selbst unrealistisch war. Die maximale Geschwindigkeit lag nur bei 120 km/h und selbst diese wurde nur für zehn Sekunden für die Messungen herangezogen. Die Beschleunigung von 0 auf 50 km/h erfolgte in sehr langsamen 26 Sekunden, was ebenfalls nicht der Realität entspricht.

Tests des International Council in Clean Transportation (ICCT) haben ergeben, dass der Verbrauch in der Realität etwa ein Drittel höher lag, als im Test. Besonders auffällig war dabei, wie stark sich die Abweichungen über die Jahre erhöht haben. Stellte der ICCT 2001 noch eine Abweichung von 8% fest, waren es 2013 schon 38%.

Rolle des NEFZ im Abgasskandal

Der NEFZ spielte eine zentrale Rolle im Abgasskandal, da er den Herstellern durch seine realitätsfernen Rahmenbedingungen die Möglichkeit bot, Fahrzeuge gezielt auf die Prüfbedingungen zu optimieren. Anhand verschiedener Parameter erkannten die Fahrzeuge, wenn sie sich auf dem Prüfstand befanden und schalteten dann in den sauberen Modus, während sie auf der Straße ein Vielfaches der erlaubten Menge an Stickoxid ausstießen. So nutzte VW eine Prüfstandslogik oder Umschaltlogik, bei der die Fahrzeuge anhand der Geschwindigkeit, der Temperaturen, der Fahrzeugkurve und weiterer Parameter den Prüfstand erkennen und dann in den sauberen Modus schalten. Andere Hersteller nutzten unzulässige Abschalteinrichtungen, bei denen die Abgasreinigung nur innerhalb bestimmter Parameter aktiv war, die denen auf dem Prüfstand entsprachen, jedoch kaum den Bedingungen während der realen Fahrt auf der Straße.

Die Folge: Auf dem Prüfstand wurden die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten, im realen Straßenverkehr lagen die Emissionen – insbesondere die Stickoxide (NOx) – jedoch teils um ein Vielfaches über dem Grenzwert. Diese Lücke zwischen Test und Realität war der Kern des Dieselskandals. Die unrealistischen Bedingungen, unter denen die Werte beim NEFZ gemessen werden, ermöglichten somit erst den Abgasskandal.

Die Fahrzeuge hätten gar keine Zulassung erhalten dürfen. Nachdem die Manipulationen aufgeflogen waren, mussten Millionen Pkw ein Software-Update erhalten, mit dem die unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernt werden sollten. Dies hatte jedoch auch unerwünschte Folgen. So stiegen der Verbrauch von Kraftstoff und AdBlue und es kam zu Defekten, denn die Hardware war nicht darauf ausgelegt, dass die Abgasreinigung dauerhaft aktiv war.

Ablösung durch WLTP und RDE

Als Reaktion auf die zunehmende Kritik wurde der NEFZ schrittweise durch den realistischeren WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) abgelöst. Ergänzend wurde das RDE-Verfahren (Real Driving Emissions) eingeführt, das Messungen im Straßenverkehr vorschreibt. Auch wenn dies zeitlich mit der Aufdeckung des Dieselskandals zusammenfiel, war dieser nicht der Auslöser für die Einführung des WLTP Verfahrens.

Die WLTP-Werte, die beim Test ermittelt werden, entsprechen zwar noch immer nicht der Realität, sind aber dennoch deutlich realistischer. Zu den wichtigsten Unterschieden, beziehungsweise Verbesserungen des WLTP gehören unter anderem:

  • Die Starttemperatur liegt bei 23 C°, mit Korrekturfaktor auf 14 C°
  • Die Zykluszeit hat sich deutlich verlängert auf rund 30 Minuten
  • Die Länge des Zyklus hat sich auf mehr als 23 Kilometer verdoppelt
  • Die mittlere Geschwindigkeit ist von 33,6 km/h auf 46,5 km/h erhöht worden
  • Die maximale Geschwindigkeit wurde von 120 km/h auf 131 km/h erhöht
  • Optionale Ausstattungen werden berücksichtigt
  • Die Schaltpunkte sind spezifisch für das jeweilige Fahrzeug und werden nicht vorgegeben

All diese Änderungen und vor allem die zusätzliche Einführung des RDE-Verfahrens haben dazu geführt, dass die Werte für Verbrauch und Emissionen viel eher denen entsprechen, die tatsächlich erreicht werden.

Der NEFZ steht heute sinnbildlich für die regulatorische Schwäche, die den Abgasskandal überhaupt erst ermöglicht hat – ein standardisiertes, aber in der Praxis leicht ausnutzbares Verfahren, das die Umwelt- und Gesundheitsbelastung systematisch unterschätzte.