Kleiner Schadensersatz

Kleiner Schadensersatz im Abgasskandal bedeutet, dass das Fahrzeug behalten wird und der Käufer eine Entschädigung in Höhe von bis zu 15% des ursprünglich gezahlten Kaufpreises erhalten kann.



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Was bedeutet kleiner Schadensersatz?

Der kleine Schadensersatz ist auch als Differenzschadensersatz bekannt. Es geht dabei um die Differenz zwischen dem gezahlten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufs. Denn aufgrund des Vorhandenseins der Abschalteinrichtung war das Fahrzeug weniger wert, als der Käufer letztlich gezahlt hat. Diesen Differenzschaden kann er deshalb geltend machen.

Welche Rolle spielt der kleine Schadensersatz im Abgasskandal?

Im Abgasskandal spielt der kleine Schadensersatz eine wichtige Rolle bei der zivilrechtlichen Aufarbeitung. Millionen Fahrzeugkäufer haben durch den Kauf von Fahrzeugen mit unzulässiger Abschalteinrichtung einen Schaden erlitten. Die Fahrzeuge waren von Rückrufen und im Falle eines Nichtbeachtens von der Stilllegung bedroht. Das im Zuge der Rückrufe aufgespielte Software-Update hat unklare negative Folgen, unter anderem für die Motorgesundheit. Durch Erhalt des Schadensersatzes können betroffene Autokäufer im Dieselskandal einen Ausgleich für diesen Schaden erhalten.

Wie unterscheidet sich der kleine vom großen Schadensersatz?

Um großen Schadensersatz (nach § 826 BGB) zu erhalten, müssen Kläger dem Fahrzeughersteller eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nachweisen. Dies kann je nach Hersteller schwierig sein. Der BGH urteilte im Mai 2020, dass die von VW eingesetzte unzulässige Abschalteinrichtung diesen Tatbestand erfüllt und verurteilte den Autobauer zur Zahlung des großen Schadensersatzes. Dabei wird der Kaufvertrag rückabgewickelt. Das manipulierte Fahrzeug geht an den Hersteller zurück, der Käufer bekommt den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für bereits gefahrene Kilometer erstattet.

Welche Vorteile bietet der kleine Schadensersatz für Verbraucher?

Während das Auto im Falle des großen Schadensersatzes zurückgegeben wird, kann es beim kleinen Schadensersatz behalten werden, denn der Kaufvertrag wird nicht rückabgewickelt. Laut BGH Urteil aus dem Juni 2023 können die Kläger Anspruch auf 5 bis 15% des Kaufpreises als Entschädigung haben. Da der Kaufvertrag nicht rückabgewickelt wird, kann der kleine Schadensersatz auch dann zugesprochen werden, wenn das Auto bereits weiter verkauft wurde. Ebenfalls ist es unerheblich, ob es sich um einen Neuwagen oder einen Gebrauchtwagen handelt.

Bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags müssen sich erfolgreiche Kläger eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Dies entfällt bei einem Anspruch auf den kleinen Schadensersatz. Es wird lediglich geprüft, ob der Restwert des Fahrzeugs und der Nutzungsersatz den geminderten Wert des Fahrzeugs beim Kauf übersteigen. In einem solchen (seltenen) Fall könnte der Schadensersatzanspruch aufgezehrt werden.

Welche Rechtsprechung ist relevant für den kleinen Schadensersatz?

Im März 2023 hatte der EuGH mit dem Urteil C-100/21 entschieden, dass Käufer von Fahrzeugen, in denen fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut wurde (Beispiel Thermofenster) einen Anspruch auf den Differenzschadensersatz haben können - dies entspricht dem sogenannten kleinen Schadensersatz. Im Juni 2023 folgte auch der BGH der EuGH Rechtsprechung und ermöglichte es Millionen Fahrzeughaltern, den Differenzschaden geltend zu machen.

Mit dem Urteil VIa ZR 335/21 machte der Bundesgerichtshof klar, dass unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Kraftfahrzeugs ein Anspruch gegen den Fahrzeughersteller auf Ersatz des Differenzschadens zusteht.

Der BGH vertritt dabei die Einstellung, dass Autokäufer für ihr Fahrzeug nicht den vereinbarten Preis gezahlt hätten, wenn sie gewusst hätten, dass sich im Wagen eine unzulässige Abschalteinrichtung befindet und mit dieser das Risiko einer Betriebsuntersagung verbunden wäre.

Wer kann kleinen Schadensersatz geltend machen?

Millionen Fahrzeuge sind im Dieselskandal betroffen. Ihre Käufer können den kleinen Schadensersatz geltend machen, weil sich in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung befindet. Das kann zum Beispiel das Thermofenster sein, dass von nahezu allen Herstellern verwendet wurde, oder die AdBlue-Dosierstrategie oder die Kühlmittel-Solltempereturregelung von Mercedes. Auch der Timer von Fiat war bereits mehrfach ursächlich für die erfolgreiche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen.

Nachdem durch die BGH Urteile aus dem Juni 2023 der bis dato erforderliche Nachweis einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung entfallen war, wurde es für Betroffene deutlich einfacher, ihre Ansprüche durchzusetzen.