Timer
Beim Timer handelt es sich um eine von Fiat genutzte unzulässige Abschalteinrichtung, die im Zuge des Abgasskandals bekannt wurde. Käufer von Fahrzeugen, die einen solchen unzulässigen Timer nutzen, können Schadensersatzansprüche geltend machen.
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Was bedeutet der Begriff Timer im Abgasskandal?
Der Timer ist eine von Fiat implementierte unzulässige Abschalteinrichtung. Die Abgasreinigung wird bei Fahrzeugen mit Timer nach etwa 22 Minuten abgeschaltet. Die Fahrt auf dem Prüfstand zur Erlangung der Typengenehmigung dauert ebenfalls rund 22 Minuten. Während dieser Testfahrt sind Autos mit Timer also sauber. Die Abgasreinigung ist aktiv und der Stickoxidausstoß liegt unter dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Grenzwert. Dauert eine tatsächliche Fahrt jedoch länger, fahren die Fahrzeuge den Großteil der Fahrt ohne aktive Abgasreinigung.
Warum ist die Timer-Funktion unzulässig?
Fiat hat bestätigt, dass das Unternehmen einen solchen Timer nutzt. Zur Begründung der illegalen Abschalteinrichtung heißt es, die meisten Fahrten würden ohnehin weniger als 22 Minuten dauern. Angesichts der Tatsache, dass auch der Fiat Ducato als beliebtestes Basisfahrzeug für Wohnmobile über einen Timer verfügt und gerade Wohnmobile wohl regelmäßig deutlich länger als 22 Minuten unterwegs sind, eine kaum haltbare Argumentation.
Laut EU Verordnung Nr. 715/2007 sind Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Abschalteinrichtung aus Gründen des Motorschutzes aktiv sein muss. Dies ist beim Timer nicht gegeben.
Die Rolle des Timers im Wohnmobil Abgasskandal
Schon 2016 äußerte das Verkehrsministerium, dass Fiat unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet. Ein Jahr später forderte die Europäische Kommission Italien als Herkunftsland des Herstellers auf, Sanktionen gegen Fiat zu verhängen, doch konkrete Folgen blieben bisher aus.
Im Juli 2020 führte die Staatsanwaltschaft Frankfurt eine Razzia bei Fiat durch - Hintergrund waren unzulässige Abschalteinrichtungen. Bis zu 200.000 Fahrzeuge sollen betroffen sein, darunter viele Wohnmobile.
Im Juni 2021 bestätigte das Kraftfahrt-Bundesamt, dass bei eigenen Untersuchungen Wohnmobile mit hohen Stickoxidemissionen aufgrund von Unzulässigkeiten festgestellt worden sind. Auch hier blieben konkrete Folgen, wie verpflichtende Rückrufe mit Software-Updates bisher aus.
Zahlreiche deutsche Gerichte haben den Timer von Fiat inzwischen jedoch als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft und aufgrund dessen Schadensersatz zugesprochen.
Ohne die Manipulation würden viele Wohnmobile die gesetzlichen Vorgaben für den Ausstoß von Stickoxid nicht einhalten können. So haben Tests der Deutschen Umwelthilfe gezeigt, dass Wohnmobile ein Vielfaches der erlaubten Menge ausstoßen, wenn sie normal auf der Straße bewegt werden.
Welche Rechte haben betroffene Fahrzeughalter?
Mehrere Oberlandesgerichte haben bestätigt, dass es sich beim Timer von Fiat um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und Stellantis (als Rechtsnachfolger von Fiat Chrysler) zu Schadensersatz verurteilt. Mindestens ein Oberlandesgericht (das OLG Köln) sah dabei sogar eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung und sprach dem Käufer Schadensersatz aus § 826 BGB zu. Er hat somit die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Andere Gerichte orientieren sich an der aktuellen Rechtsprechung des BGH und sprechen Differenzschadensersatz in Höhe von bis zu 15% des Kaufpreises zu. Ursächlich für die Verurteilungen ist in einigen Fällen das auch von anderen Herstellern bekannte Thermofenster, aber auch oft der Timer und in nicht wenigen sogar beide Abschalteinrichtungen. Der BGH hatte im November 2023 bestätigt, dass seine Rechtsprechung im Abgasskandal explizit auch für Wohnmobile gilt.
Da der Fiat Ducato das Basisfahrzeug für einen großen Teil der in Deutschland verkauften Wohnmobile bildet, ist in nahezu allen Wohnmobil Fällen im Dieselskandal Stellantis als Rechtsnachfolger von Fiat Chrysler die beklagte Partei. Erfolgreiche Kläger fuhren unter anderem Wohnmobile auf Ducato Basis von Hymer, Sunlight oder Dethleffs.