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Gutachten zeigt: Selbst unter idealen Betriebsbedingungen hält Mercedes E-Klasse Stickoxid-Grenzwert nicht ein

Bremen, 19.11.2020

Ein vom Landgericht Stuttgart in Auftrag gegebenes Gutachten hat die Vorwürfe vieler tausend enttäuschter Mercedes-Kunden bestätigt: Die Fahrzeuge halten lediglich auf dem Prüfstand die vorgegebenen Grenzwerte für Stickoxid ein, während sie auf der Straße ein Vielfaches des Erlaubten ausstoßen.

„Die Politik hat sich zum Ziel gesetzt, Risikogruppen vor dem Corona-Virus zu schützen. Auch durch eine zu hohe Stickoxidbelastung in deutschen Städten sind diese Gruppen gefährdet. Hier scheint der Schutz durch ein strenges Vorgehen gegen die Automobilindustrie jedoch keinerlei Priorität zu haben", bringt es Lars Murken-Flato von HAHN Rechtsanwälte auf den Punkt, die den Kläger in diesem Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart vertreten.

Anfang 2020 hatte das LG Stuttgart ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, um klären zu lassen, ob der Stickoxidausstoß einer streitgegenständlichen E-Klasse über dem gesetzlich zugelassen Grenzwert für Euro 5 Diesel von 180 mg/km liegt. Im September 2020 fanden dazu mehrere Testfahrten im Realbetrieb statt, die durch einen Sachverständigen überwacht und ausgewertet wurden.

Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Bei allen vier Fahrten stieß das Fahrzeug weit mehr als die erlaubten 180 mg/km Stickoxid aus, nämlich zwischen 452 und 681 mg/km.

„Die Auswertung der Videodateien ergab, dass gerade im dritten Durchlauf lange Zeit auf der Landstraße hinter einem Lkw hergefahren werden musste. Hieraus ergibt sich eine besonders günstige Situation in Bezug auf den Schadstoffausstoß“, heißt es im Gutachten. Trotz dieser guten Voraussetzungen wurde auch bei dieser Fahrt das 2,5-fache des Grenzwertes erreicht.

Auch die Wetterbedingungen bei allen vier Testfahrten fielen zu Daimlers Gunsten aus, wie der Gutachter bestätigt: „Jedoch zeigen die Messungen eindeutig, dass obwohl nahezu optimale Wetterbedingungen vorlagen, der Wert von 180 mg/km um ein Vielfaches überschritten wurde“.

Der Vorwurf der Klägerpartei wurde somit durch das Gutachten bestätigt:

Das Fahrzeug hält den Grenzwert von 180 mg/km Stickoxid nur auf dem Prüfstand ein, nicht jedoch im realen Fahrbetrieb.

Die Klagepartei sieht ursächlich hierfür eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen, die sich im Fahrzeug, einem Mercedes-Benz E 350 CDI, befinden.

Die Daimler AG hatte sowohl bestritten, dass sich unzulässige Abschalteinrichtungen im Fahrzeug befinden, als auch, dass das Fahrzeug den Grenzwert auf der Straße nicht einhalten würde. Das Gutachten erhöht nun den Druck auf die Daimler AG und lässt weitere verbraucherfreundliche Urteile im Mercedes Abgasskandal in naher Zukunft erwarten.

„Das Gesetz schreibt vor, dass ein Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen die Schadstoffgrenzwerte einhalten muss. Dass der Mercedes selbst unter Idealbedingungen dazu nicht in der Lage ist, sondern im Gegenteil, bei nahezu optimalen Bedingungen bis zu 378% des Grenzwertes erreicht, zeigt wie die Automobilindustrie Gesetze missachtet hat, die dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung dienen. Die angeboten Software-Updates sind reine Augenwischerei und lösen das Problem nicht. Nur Hardware-Nachrüstungen können die durch diese Fahrzeuge verursachte Stickoxidbelastung effektiv senken. Wenn die Politik dies vor dem Hintergrund der dadurch entstehenden Kosten gegenüber der Industrie nicht durchsetzt, dann opfert sie damit auf dem Altar des „Standorts Deutschland“ nicht nur den Rechtsstaat, sondern auch das Leben von Menschen“, sieht Murken-Flato die Politik in der Verantwortung.