Audi hat seine Fahrzeuge über einen sehr langen Zeitraum manipuliert. So wurde die Akustikfunktion, die das KBA später als unzulässige Abschalteinrichtung einstufte, bereits seit 2003 verwendet. Und schon in 2008 schrieb ein Mitarbeiter in einer internen Email:
„Ganz ohne Bescheißen werden wir es nicht schaffen.“
Akustikfunktion
Die Akustikfunktion war ursprünglich entwickelt worden, um das bei Dieseln bekannte Motorengeräusch, das sogenannte Nageln, zu reduzieren. Tatsächlich genutzt wurde sie aber, um die Fahrt auf dem Prüfstand zu erkennen, um dann die Stickoxid-Emissionen zu reduzieren. Auch VW nutzte die Akustikfunktion in seinen Fahrzeugen.
In einem vom KBA in Auftrag gegebenen Gutachten kommt ein Motorenexperte bereits 2017 zu dem Schluss, dass es sich bei der von Audi in Euro 4 Dieseln eingesetzten Akustikfunktion um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Doch erst zwei Jahre später, im Hebst 2019, bekommt Audi vom KBA den Rückrufbescheid zugestellt. Für betroffene Fahrer ist das ein großes Problem, denn da die Fahrzeuge um die es geht, nur bis 2009 produziert worden waren, ist hier bereits die Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche eingetreten. Ein Beispiel für die enge Zusammenarbeit zwischen Autoindustrie und Politik, unter der die Verbraucher leiden.
Thermofenster
Wie auch viele andere Hersteller, hat auch Audi ein unzulässiges Thermofenster verwendet. Dabei funktioniert die Abgasreinigung nur in einem engen Temperaturbereich (dem Thermofenster) korrekt. Außerhalb davon wird sie reduziert oder gar ganz abgeschaltet. Der EuGH hat das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft. Das Verwaltungsgericht Schleswig hat geurteilt, dass das Software-Update, das Fahrzeuge mit dem Motor EA189 erhalten haben, ebenfalls unzulässig war, eben weil es ein nicht gesetzeskonformes Thermofenster enthielt. Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigem Thermofenster können deshalb eine Entschädigung erhalten.
Weitere Informationen zum Thermofenster finden Sie hier
Weitere Infos zum Urteil des VG Schleswig
Vier Strategien A, B, C und D
In 3.0 Liter Motoren mit der Abgasnorm Euro 6 verwendete Audi laut KBA vier verschiedene Strategien. Die entsprechenden Bescheide wurden lange geheim gehalten.
So heißt es:
„Bei den Strategien B, C und D bestehen seitens des KBA Zweifel hinsichtlich ihrer Zulässigkeit. Audi hat sich bereit erklärt, freiwillig auf die Strategien B, C und D zu verzichten und diese aus der Software zu entfernen. Deshalb erfolgt hinsichtlich der Zulässigkeit der Strategien B, C und D vorerst keine abschließende Entscheidung durch das KBA. Diese behält sich das KBA vor.“
Strategien A und B (schnelle Motoraufwärmfunktion)
Bei der Strategie A handelt es sich um eine sogenannte schnelle Motoraufwärmfunktion. Wenn das Fahrzeug erkennt, dass es sich auf dem Prüfstand befindet, wird der Motor aufgeheizt, was zu einem reduzierten Stickoxidausstoß führt. Bei der Strategie B handelt es sich um ein alternatives Aufheizen. Dabei sorgt das Fahrzeug auf dem Prüfstand für einen höheren Füllstand an NH3 (Ammoniak). Auch dies führt zu einem geringeren Stickoxidausstoß.
In dem Rückrufbescheid des KBA wird die Strategie A als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft, die im Rahmen eines Pflichtrückrufs entfernt werden muss.
Strategie C
(Re-Entry Aufheizen)
Diese Funktion verhindert, dass im normalen Fahrbetrieb die Strategien A oder B genutzt werden können. Auf der Straße kann das Fahrzeug somit nicht durch ein Aufheizen des Motors in einem sauberen Modus fahren. Dem erhöhten Stickoxidausstoß im normalen Betrieb wird somit nicht entgegen gewirkt.
Strategie D
Auch hier erkennt das Fahrzeug den Prüfstand. Es schaltet dann in einen Speichermodus, bei dem ausreichend Reagens in den Abgasstrom gespritzt wird, um den Stickoxidausstoß unter dem Grenzwert zu halten. Auf der Straße dagegen fährt das Fahrzeug im Onlinemodus, bei dem zu wenig Reagens eingespritzt wird und das Auto somit viel dreckiger unterwegs ist.