Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 20. Oktober 2016 – 5 U 50/16 – die Sparkasse Südholstein verurteilt, drei Immobiliendarlehensverträge über insgesamt 178.000,00 Euro rückabzuwickeln. Die Kläger, ein Ehepaar aus der Region Rendsburg-Eckernförde in Schleswig-Holstein, hatten die Darlehensverträge zur Immobilienfinanzierung mit der Sparkasse Südholstein am 24. April 2006 bzw. 21. November 2007 geschlossen. Wegen Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrungen hatten die Kläger die Willenserklärungen zum Abschluss der Darlehensverträge am 14. Januar 2015 widerrufen. Das klagende Ehepaar wurden von HAHN Rechtsanwälte vertreten.
Das OLG Schleswig stellt fest, dass die Kläger einen Anspruch auf Rückabwicklung der Darlehensverträge und einen Nutzungsersatz von 2,5 Prozentpunkten über Basiszins auf die erbrachten Leistungsraten haben. Die mit dem jeweiligen Darlehensvertrag verbundene Widerrufsbelehrung genüge nicht dem Deutlichkeitsgebot. Denn der Beginn des Laufes der Widerrufsfrist sei nach der jeweils vorliegenden Belehrung unklar.
Sie enthalte den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ beginne. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei eine solche Belehrung zuzureichend. Eine solche Belehrung ist unzureichend, da sie den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist aufkläre. Die Verwendung des Wortes „frühestens“ ermögliche es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Er vermöge der Formulierung lediglich zu entnehmen, dass der Widerrufsfrist „jetzt oder später“ beginne, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher werde jedoch im Unklaren gelassen, welche etwaigen weiteren Umstände dies sind.
Hinsichtlich der Widerrufsbelehrung selbst und ihres Inhaltes könne sich die beklagte Sparkasse nicht auf die Schutzwirkung des Paragraph 14 Absatz 1 und 3 BGB-InfoV a.F. in der hier maßgeblichen Fassung und des Muster der Anlage 2 hierzu berufen. Die Beklagte habe kein Muster verwandt, das dem Muster in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht entspreche. Unterziehe der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, so könne er sich nicht mehr auf deren Schutzwirkung berufen. Die Beklagte habe zwei Fußnoten eingefügt, die das Muster für die Widerrufsbelehrung nicht vorsah. Sie habe unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ den Gestaltungshinweis 3 kursiv in den Text übernommen und unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ den Gestaltungshinweis 9 nicht vollständig übernommen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Einrede der Verwirkung berufen. Der Tatbestand der Verwirkung setze neben dem Zeitmoment auch ein Umstandsmoment voraus. Daran fehle es vorliegend. Es liege auch keine unzulässige Rechtsausübung wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses vor.
„Das aktuelle Urteil des OLG Schleswig markiert nach dem BGH-Urteil vom 12. Juli 2016 eine erfreuliche und deutliche Trendwende“, stellt der Hamburger Fachanwalt Peter Hahn fest. „Die bankenfreundliche Rechtsprechung im Bereich des Widerrufs von Darlehen einiger Instanzgerichte aus dem hohen Norden findet damit hoffentlich auf Dauer ein Ende“, so Anwalt Hahn weiter. „Das Urteil sollte alle Betroffenen veranlassen, ihre Rechte mit anwaltlicher Hilfe nunmehr durchzusetzen.“ Hahn Rechtsanwälte empfiehlt allen Bank- und Sparkassenkunden, deren Widerruf bisher nicht anerkannt worden ist, sich hinsichtlich der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit anwaltlich beraten zu lassen.