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Die Fahrkurvenerkennung in Dieseln von VW

Bei der Fahrkurvenerkennung handelt es sich um eine Abschalteinrichtung, die dafür genutzt werden kann, die Abgasreinigung auf dem Prüfstand zu optimieren - wodurch sie zu einer unzulässigen Abschalteinrichtung wird. Verwendet hat VW sie sowohl im älteren Euro 5 Motor EA189, als auch im neuen Euro 6 EA288 Motor. Es gibt zudem bereits einen verpflichtenden Rückruf für den VW Eos. Dieser hatte die Fahrkurvenerkennung offenbar erst im Zuge des Software-Updates für EA189 Diesel von VW erhalten.


Wie funktioniert die Fahrkurvenerkennung und was macht sie illegal?

Bei der Fahrkurvenerkennung handelt es sich um eine Zykluserkennung. Fahrzeuge, die sie nutzen, können erkennen, wenn sie sich auf dem Prüfstand befinden. Sie tun dies anhand der Fahrkurven, also anhand von festgelegten Parametern, wie der Geschwindigkeit, Beschleunigung und Zeit.

Für den NEFZ bedeutet dies zum Beispiel auszugsweise:

"...unmittelbar nach dem Motorstart vier hintereinander liegende identische Fahrkurven von jeweils 195 Sekunden, die jeweils pro Abschnitt aus drei unterschiedlichen nachzufahrenden auf- und abbauenden Geschwidigkeiten (15, 30 und 50 km/h) bestehen, auf einer Wegstrecke von 4,052 Kilometern..."

Eine solche Zykluserkennung ist an sich noch nicht illegal. Sie wird jedoch zu einer unzulässigen Abschalteinrichtung, wenn sie dazu genutzt wird, die Abgasreinigung auf dem Prüfstand zu optimieren. So hat VW selbst bereits zugegeben, dass einige EA288 Fahrzeuge über eine solche Fahrkurvenerkennung verfügen.

Interessanterweise hat sich VW dazu entschieden, bei neueren Fahrzeugen, die über die Abgasnorm Euro 6d verfügen, keine Fahrkurvenerkennung mehr zu verwenden - warum, wenn diese doch angeblich nicht zur Abgasoptimierung genutzt wird und somit legal sein sollte?

Zudem weist Volkswagen darauf hin, dass das KBA über die Fahrkurvenerkennung im EA 288 Bescheid wisse und dies nicht beanstandet habe. Dass das KBA genau diese Abschalteinrichtung im VW EOS mit EA189 Motor aber sehr wohl als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft hat, wird von VW verschwiegen (mehr dazu weiter unten).

KBA zur Fahrkurvenerkennung im EA189 (Euro 5)

Bereits 2015 stellte das KBA der Volkswagen AG ein Rückrufschreiben zu Fahrzeugen mit dem Motor EA189 und der Abgasnorm Euro 5 zu. Hier wird die Fahrkurvenerkennung ausführlich beschrieben (zu den Parametern siehe auch das obige Zitat):

Sofern das Fahrzeug diesen gesamten NEFZ im Strecke-Zeit-Korridor von Beginn an durchläuft, ist der AGR-Modus 1 aktiv, ansonsten ist das Fahrzeug automatisch im AGR-Modus 0. Im realen Fahrbetrieb ist das Durchfahren des allein für Laborbedingungen modellierten synthetischen Fahrzyklus des NEFZ praktisch ausgeschlossen.

Der AGR-Modus 1 findet damit praktisch nur für die Testfahrt unter Laborbedingungen Anwendung, der AGR-Modus 0 hingegen für den normalen Fahrbetrieb.

Es liegt also eine Umschaltlogik vor, wobei auf dem Prüfstand der "saubere" Modus 1 aktiv ist, auf der Straße dagegen der dreckige Modus 0. 

Welche Fahrzeuge nutzen sie?

Da sich die Fahrkurvenerkennung im Motor EA 288 befindet, muss davon ausgegangen werden, dass sie im gesamten Volkswagen-Konzern, also auch bei Dieseln von Audi, Seat und Skoda zum Einsatz kam. Somit könnten es sein, dass die folgenden Modelle über diese Funktion verfügen:

VW Golf, VW Passat, VW Polo...
Audi A2, Audi A3, Audi A4, Audi Q2....
Seat Ibiza, Seat Leon, Seat Alhambra...
Skoda Fabia, Skoda Octavia, Skoda Superb...

Der Skandal im Skandal - Software-Update installiert Fahrkurvenerkennung

Im Herbst 2020 kam es zu einem höchst aussagekräftigen, wenn auch von den Medien kaum beachteten Rückruf bei Volkswagen. Am 14.09.2020 veröffentlichte das Kraftfahrt-Bundesamt in seiner Rückruf-Datenbank einen Rückruf für den VW Eos. Betroffene Kunden werden von VW bzw. vom KBA angeschrieben, wobei die Schreiben den Rückruf-Code 23AO aufweisen. Es handelt sich dabei um einen Pflichtrückruf. Das heißt, bei Nichtbeachtung droht in letzter Konsequenz die Stilllegung des Wagens. Was macht diesen Rückruf so besonders? Nun, die Erklärung des KBA lautet:

"Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. erhöhte Emissionswerte auch nach Durchführung der Aktion 23R7."

Das bedeutet, bei den betroffenen Fahrzeugen handelt es sich um solche, die bereits im Zuge des ursprünglichen Abgasskandals um den Motor EA189 ein Software-Update bekommen hatten. Diese Aktion hatte Volkswagen offenbar genutzt, um zwar die ursprünglich angemahnte illegale Abschalteinrichtung zu entfernen, dafür aber eine neue aufzuspielen. Und worum handelte es sich dabei? Das präzisierte das KBA auf Nachfrage:

"In dem betroffenen Fahrzeug wird eine Strategie zur Erhöhung der Raten der Abgasrückführung (AGR) nahezu ausschließlich unter den Bedingungen der Prüfung Typ 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genutzt. Die Strategie wird genutzt, solange die definierte Fahrkurve des Typprüfzyklus NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) mit einer geringen Toleranz erkannt wird. Mit Nutzung der Strategie wird der Emissionsgrenzwert für Stickoxide eingehalten. Schon kleine Abweichungen im Fahrprofil führen zur Abschaltung der Strategie. Dadurch wird die Wirksamkeit der AGR verringert und die Stickoxidwerte erhöhen sich.
Diese Strategie wurde durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet (...)."

Der EA288 Abgasskandal

Die Fahrkurvenerkennung, die der Eos im Zuge des Software-Updates bekommen hat, wird also genutzt, um auf dem Prüfstand die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxid einzuhalten, wodurch es sich eindeutig um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. VW hat selbst bereits zugegeben, dass genau so eine Fahrkurvenerkennung auch in Fahrzeugen mit dem Motor EA288 enthalten ist. Warum sollte VW die Funktion beim Eos dafür nutzen, um die Stickoxidemissionen auf dem Prüfstand zu optimieren, bei anderen Modellen jedoch nicht?

Zumal seit Ende 2020 zahlreiche freiwillige Rückrufaktionen für Modelle aus dem VW-Konzern laufen, bei denen Diesel mit EA288 Motor ein Software-Update bekommen sollen. Betroffen sind Fahrzeuge von VW, Audi, Seat und Skoda. Soll hier etwa die Fahrkurvenerkennung still und heimlich entfernt werden, bevor das KBA sie auch in diesem Dieselmotor für unzulässig erklärt und weitere Pflichtrückrufe für dann Millionen zusätzlicher Fahrzeuge verkündet? Es könnte eine neue Klagewelle auf VW zurollen!

Der EA 288 ist bereits tief in den Dieselskandal verstrickt. Gerichte sprechen regelmäßig Schadensersatz zu. Auch beim Nachfolger des EA189! Mit dem OLG Köln verurteilte bereits ein erstes Oberlandesgericht die Volkswagen AG zu Schadensersatz. In vielen Fällen gilt das Thermofenster als ausschlaggebend, doch hat zum Beispiel das Landgericht Regensburg in seiner Verurteilung darauf hingewiesen, dass die Software des Motors die Prüfstandsfahrt erkenne und dann in einen speziellen Betriebsmodus mit verbesserter Abgasrückführungsquote schalte. Beim Urteil des OLG Köln handelt es sich um ein Versäumnisurteil, da die VW-Anwälte nicht erschienen waren. Der Vorwurf einer prüfstandsoptimierten Umschaltlogik galt deshalb laut Gericht als unstreitig und zugestanden. Auch hier war also gerade nicht das Thermofenster ursächlich für die Verurteilung, sondern die Umschaltlogik - und um nichts anderes handelt es sich auch bei der Fahrkurvenerkennung mit optimierter Abgasreinigung auf dem Prüfstand.

Unter anderem zum VW Golf VII, zum VW T6, aber auch zu anderen Modellen mit dem EA 288 sind bereits Urteile im Abgasskandal ergangen. Die Volkswagen AG wird dabei wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung verurteilt. Die erfolgreichen Kläger können ihren Wagen zurückgeben und bekommen den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, erstattet.

OLG Düsseldorf zur Fahrkurvenerkennung

Für das OLG Düsseldorf ist klar, dass im Motor EA 288 eine Fahrkurvenerkennung, sowie eine prüfstandsoptimierte Umschaltlogik vorhanden ist: "ähnlich wie bei den bekannten Dieselmotoren des Typs EA 189".

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