Mit Beschluss vom 16.09.2021 (Aktenzeichen I-20 U 14/21) hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mehr als deutlich gemacht, dass es beabsichtigt, die von der Volkswagen AG eingelegte Berufung hinsichtlich einer Verurteilung zu Schadensersatz bei einem Diesel-Pkw mit dem Euro 6 Motor EA 288 zurückzuweisen. Das OLG zeigt sich überzeugt davon, dass auch der Nachfolgemotor des EA 189 über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt und geschädigte VW-Kunden deshalb einen Anspruch auf Schadensersatz haben.
Das Landgericht Duisburg hatte die Volkswagen AG mit Urteil vom 12.01.2021 zu Schadensersatz verurteilt (Aktenzeichen 12 O 88/20). Das Oberlandesgericht bestätigt den dem Urteil zugrundeliegenden Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
Das OLG geht wie das Landgericht zuvor davon aus, dass der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motor EA 288 über eine Software verfügt, die erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und dann in einen Modus umschaltet, in dem dem Katalysator ausreichend AdBlue zugeführt wird, um die Stickoxidemissionen unter dem Grenzwert zu halten.
Im normalen Fahrbetrieb auf der Straße dagegen wird weniger AdBlue eingespritzt, was zu einem deutlich erhöhten Emissionsausstoß führt.
Das Gericht zieht dabei einem Vergleich zwischen dem Euro 6 EA 288 Motor und dem im Dieselskandal bereits berüchtigten Euro 5 Motor EA 189. Der Kläger habe greifbare Anhaltspunkte dafür vorgetragen,
„dass bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht nur eine Fahrkurvenerkennung, sondern auch eine Abschalteinrichtung in Form einer prüfstandsoptimierten Umschaltlogik vorhanden ist, ähnlich wie bei den bekannten Dieselmotoren des Typs EA 189.“
Diese Anhaltspunkte lägen unabhängig davon vor, ob das Kraftfahrt-Bundesamt eine Rückrufaktion angeordnet habe.
Das Gericht stützt sich bei seiner Beurteilung der Abschalteinrichtung auf interne Dokumente von VW, die der Kläger vorgelegt hatte. In diesen wird eindeutig auf die Fahrkurvenerkennung mit anschließender Umschaltlogik hingewiesen.
Die Volkswagen AG trifft dabei eine sekundäre Darlegungslast. Sie hätte zu der Fahrkurvenerkennung und der prüfstandsoptimierten Umschaltlogik vortragen müssen. Dies hat sie laut Oberlandesgericht Düsseldorf nicht ausreichend getan und sich zudem selbst widersprochen. Hatte VW zunächst behauptet, eine Fahrkurvenerkennung sei in dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht mehr vorhanden, da sie im Rahmen einer freiwilligen Serviceaktion entfernt wurde, hieß es in der Berufungsbegründung dann, es sei zu keinem Zeitpunkt eine Fahrkurvenerkennung hinterlegt gewesen.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf rät der Volkswagen AG zur Rücknahme der Berufung, da diese „nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg“ habe.
Zuvor hatte bereits das OLG Köln die Volkswagen AG aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Motor EA 288 zu Schadensersatz verurteilt. Dieser Motor wurde in zahlreichen Modellen von VW selbst (beispielsweise im VW Golf 7 oder im T6), aber auch von Seat, Škoda und Audi verbaut.
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