Über die aktuellen Urteile des 2. Zivilsenats des BGH vom 14.06.2004 ist in der Presse bereits berichtet worden. Der 2. Zivilsenat hat den Anlegern endlich die seit langem von der Anlegerseite eingeforderten Rechte zuerkannt und wesentliche neue Grundsätze aufgestellt.
Die Entscheidungen, deren Urteilsgründe noch nicht vorliegen, betreffen geschlossene Immobilienfonds, die vor allem in den 90er Jahren zahlreich initiiert worden sind. Solche Kapitalanlagen, die typischerweise mit einer Finanzierung als Gesamtpaket angeboten worden sind, sollten vor allem auch für Kleinanleger mit durchschnittlichem oder unterdurchschnittlichem Einkommen interessant sein. Trotz der Fremdfinanzierung wurden die Immobilienfondsanteile als rentabel und durch die Ausschüttungen und Steuervorteile als (annähernd) selbsttragend dargestellt. Um die den Ausschüttungen zugrunde liegenden Mieterträge sicherzustellen, hatten von den Initiatoren gegründete Gesellschaften Mietgarantien übernommen. Die Werbegespräche fanden häufig in den Privatwohnungen statt. In der Folgezeit ging die finanziellen Erwartungen nicht in Erfüllung. Ein großer Teil der Anlagegelder waren nicht in die Immobilien geflossen, sondern von den Initiatoren vereinnahmt worden. Die angekündigten Mieten erwiesen sich als unrealistisch und nicht annähernd erreichbar. Die Mietgarantien stellen sich als wertlos heraus, weil die kapitalschwachen Mietgaranten in Konkurs geraten waren.
Der BGH stellt in seinen insgesamt sechs Urteilen vom 14.06.2004 neue allgemeingültige Grundsätze zur Abwicklung dieser kreditfinanzierten Fondsbeteiligungen auf. Er bestätigte zunächst die bereits mit Urteil vom 21.07.2003 - II ZR 387/02 - festgestellten Grundsätze (dazu Hahn/Brockmann, VuR 2004, 173 ff.), dass Fondsbeitritt und Kreditvertrag in der Regel ein verbundenes Geschäft im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes darstellen. Daher muss sich die Bank alle Einwendungen entgegenhalten lassen, die der Anleger gegenüber den Fondsverantwortlichen hat. Da in der Regel eine Täuschung des Anlegers vorliegt, ist dieser so zu stellen, als wäre er dem Fonds nie beigetreten und als hätte er den Kreditvertrag nie abgeschlossen. Die Bank hat daher keinen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Anleger. Umgekehrt hat der Anleger einen Anspruch gegen die Bank auf Rückzahlung dessen, was er aus seinem eigenen Vermögen - nicht aus den Erträgen des Fonds - an die Bank gezahlt hat. Im Gegenzuge muss er seine Ansprüche gegen den Fonds und die Fondsverantwortlichen an die Bank abtreten und sich etwaige Steuervorteile anrechnen lassen.
Derselbe Senat hatte noch mit Urteil vom 21.07.2003 die Auffassung vertreten, dass der Gesellschafter das Darlehen nur in Höhe des aus der Fondsgesellschaft stammenden Abfindungsanspruchs verweigern könne und ein darüber hinausgehender Darlehensrückzahlungsanspruch bestünde. Diese Auffassung ist von unserer Kanzlei bereits kritisiert worden (VuR 2004, S. 173, 177). Die vorgenannte Auffassung hat der BGH mit seinen aktuellen Urteilen aufgegeben.
Beachtenswert sind auch die weiteren Feststellungen zur Unwirksamkeit der Darlehensverträge nach dem Verbraucherkreditgesetz. Die Darlehensverträge enthielten offenbar die nach dem VerbrKrG erforderlichen Mindestangaben nicht. Überzeugend konzedierte der BGH, dass auch eine Heilung der Unwirksamkeit nicht in Betracht komme, da der Kredit nicht an den Anleger, sondern an die Fondsgesellschaft geflossen ist. Diese Feststellung hat weitreichende Konsequenzen, da der Kreditnehmer unseres Erachtens damit kein Darlehen empfangen hat, so dass konsequenterweise auch kein Darlehensrückzahlungsanspruch besteht.
Interessant und neu ist auch die Feststellung des Senats, dass der Einwendungsdurchgriff insbesondere dann in Betracht kommt, wenn das Grundpfandrecht schon bestellt war, noch bevor der Anleger dem Fonds beigetreten ist. Bislang hatten sich die Banken immer darauf berufen, dass der Einwendungsdurchgriff aufgrund der grundpfandrechtlichen Sicherung des Darlehens keine Anwendung findet. Da bei den Fonds die Grundschuld oftmals schon vor dem Abschluss des Kreditvertrages bestellt worden ist, können die Gesellschafter künftig dem Darlehensrückzahlungsanspruch auch die Einwendungen aus der Fondsbeteiligung (z.B. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung) entgegenhalten.
Der 2. Senat stärkt damit die Anlegerrechte deutlich. Wir gehen davon aus, dass sich die Ansprüche der Gesellschafter bzw. Darlehensnehmer zukünftig erfolgreich gegenüber den Banken durchsetzen lassen. Dieses gilt auch für die Fälle, in denen die Darlehensverträge nicht persönlich, sondern von einer Treuhandgesellschaft unterzeichnet worden sind. Für diesen Fall greift zusätzlich das Argument des Verstoßes gegen das RBerG ein.