Die zivilrechtliche Aufarbeitung des Audi Abgasskandals schreitet voran. Mit dem OLG Naumburg hat nunmehr bereits das dritte Oberlandesgericht die Audi AG zu Schadensersatz verurteilt (AZ: 8 U 39/20 vom 18.09.2020). Der streitgegenständliche Audi SQ5 3.0 TDI mit dem Motor EA896 (Euro 6) enthalte mit der Aufheizstrategie (schnelle Motoraufwärmfunktion) eine unzulässige Abschalteinrichtung. Gegenstand des Verfahrens sind Sachverhalte, die in den kommenden Monaten auch strafrechtlich vor dem Landgericht München aufgearbeitet werden.
Bereits im Juni 2020 hatte HAHN Rechtsanwälte das erste obergerichtliche Urteil gegen die Audi AG im Abgasskandal erstreiten können. Auch hier ging es um leistungsstarke Dieselmotoren, die Audi selbst entwickelt hatte und auch nach Bekanntwerden des VW-Dieselskandals im Jahre 2015 weiterhin verkaufte. Obwohl das Oberlandesgericht Koblenz in seinem Urteil aus dem Juni ausdrücklich die Revision zuließ, entschied sich die Audi AG dazu, keine Revision einzulegen. Damit wurde bereits einmal rechtskräftig die zivilrechtliche Schadensersatzpflicht der Audi AG gegenüber den Käufern der manipulierten Diesel festgestellt.
Das jetzt ergangene Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg bestätigt diese Haftung mit sehr deutlichen Worten. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers habe die Audi AG sogar interne Studien zur Aufdeckungswahrscheinlichkeit verschiedener Abschalteinrichtungen erstellen lassen, was eine heimliche und manipulative Vorgehensweise darstelle, so das Gericht. Die Audi AG habe den Kläger vorsätzlich und sittenwidrig nach § 826 BGB geschädigt und müsse ihm den Kaufpreis (abzüglich einer Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs erstatten.
Audi hatte sich unter anderem mit der Aussage verteidigt, alles Zumutbare unternommen zu haben, um sicherzustellen, dass die Klagepartei Kenntnis von der Betroffenheit des Fahrzeugs erlangen würde. Dieser Aussage widersprach das Gericht. Man habe den Erwerbern lediglich ein Musterschreiben übergeben, in dem weder von einem verpflichtenden Rückruf, noch von unzulässigen Abschalteinrichtungen die Rede gewesen sei, sondern nur ein Nachrüstprogramm zu weiteren Verbesserung des Emissionsverhaltens im realen Fahrbetrieb angeboten worden sei. Von einer Kenntnis des Klägers könne daher nicht die Rede sein. Die jüngst ergangene BGH-Rechtsprechung, wonach in bestimmten Fällen bei einem Fahrzeugerwerb nach Bekanntwerden des VW-Dieselskandals im September 2015 eine Haftung von VW entfallen könne, sei deshalb auf die von Audi entwickelten Motoren nicht anwendbar. Wie das Oberlandesgericht Koblenz geht auch das Oberlandesgericht Naumburg davon aus, dass Audi anders als VW auch nach September 2015 seine Kunden immer noch getäuscht und die Manipulation seiner Dieselmotoren vertuscht hat.
Bereits in einem Hinweisbeschluss vom 29.06.2020 hatte das OLG Naumburg darauf hingewiesen, dass mögliche Ansprüche von Klägern hinsichtlich des Motors EA896 auch nicht verjährt seien.
„Strafrechtlich müssen sich derzeit verschiedene Audi-Manager und Ingenieure vor Gericht für den Audi Dieselskandal verantworten. Zivilrechtlich führen diese Sachverhalte zu einer Haftung der Audi AG auf Schadensersatz gegenüber jedem Kunden, der ein solches Fahrzeug erworben hat. Wir können Audi auch hinsichtlich der von Audi selbst entwickelten und noch bis in das Jahr 2019 vertriebenen Motoren vorsätzliches und sittenwidriges Verhalten nachweisen. Diese Ansprüche sind weder verjährt, noch schließt ein Erwerb nach 2015 diese Ansprüche aus.“, freut sich Rechtsanwalt Murken-Flato von HAHN Rechtsanwälte, der sowohl das Urteil vor dem OLG Naumburg als auch das vor dem OLG Koblenz erstritten hat. „Alle Eigentümer eines solchen Fahrzeugs können ihre Ansprüche effektiv gerichtlich durchsetzen.“