Adler Group - was ist passiert?
Am 02.05.2022 brach der Kurs der im SDAX notierten Aktie der ADLER Group S.A. (WKN: A14U78; ISIN: LU1250154413) in Höhe von rund 44 Prozent ein, nachdem die mit der Abschlussprüfung beauftragten Wirtschaftsprüfer von KPMG dem Unternehmen mitteilten, für den Konzernabschluss und Jahresabschluss 2021 einen sog. Versagungsvermerk zu erteilen. Damit bringen die Wirtschaftsprüfer zum Ausdruck, dass die Geschäftszahlen die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens nicht zutreffend widerspiegeln.
In einer von der ADLER Group in Auftrag gegebenen Sonderuntersuchung hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in der Dokumentation und in der Abwicklung von Transaktionen erhebliche Mängel festgestellt. Die Wirtschaftsprüfer monierten unter anderem das Fehlen wichtiger Informationen und Dokumente, die trotz Anforderung vom Unternehmen nicht vorlegt wurden. In Auftrag gegeben wurde die Sonderuntersuchung aufgrund von Vorwürfen des Leerverkäufers Fraser Perring im Oktober 2021. In dem 60 seitigen Bericht der Analysefirma Viceroy Reasearch LLC wird der ADLER Group systematischer Betrug vorgeworfen. So soll das Unternehmen in seinen Bilanzen die Bewertung ihrer Immobilien manipuliert haben, um ihren tatsächlichen Verschuldungsgrad gegenüber Investoren zu verschleiern.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte die Prüfung der Rechnungslegung der ADLER Real Estate AG für die Jahre 2019 und 2020 im August 2021 angestoßen. In einer Pressemitteilung vom 01.08.2022 teilte die BaFin mit, dass sie Rechnungslegungsfehler im Konzernabschluss zum Abschlussstichtag 31.12.2019 bei der Bewertung des Immobilienprojekts „Glasmacherviertel“ in Düsseldorf festgestellt hat. Darin wurde das Projekt mit 375 Millionen Euro um mindestens 170 Millionen Euro bis höchsten 233 Millionen Euro überbewertet. Die Prüfung der Rechnungslegung für die Geschäftsjahre 2020 und 2021 dauert derzeit noch an.
Hintergründe der Adler Group
Die ADLER Group ist als luxemburgische Societé Anonyme organisiert, deren Gesellschaftszweck in der Investition und Entwicklung von Grundstück- und Immobilienprojekten sowie den Kauf, die Vermietung und Veräußerung derartiger Immobilien besteht. Als Großvermieter in Deutschland umfasste ihr Bestand Ende 2020 bis zu 70.000 Wohnungen. Aktuell verfügt die ADLER Group nach eigenen Angaben noch über einen Bestand von 27.500 Mietwohnungen. Mehr als 6.000 Einheiten sollen sich in der Entwicklung befinden.
Ihre Rechte als Anleger oder Aktionär
Wenn die ADLER Group den Kapitalmarkt mehrfach falsch und unvollständig informiert hat, stehen den Investoren Schadensersatzansprüche gegenüber der Gesellschaft zu.
Aktionäre
Aktionäre, die aufgrund des Einbruches des Aktienkurses der ADLER Group oder ihrer Konzerntöchter einen Vermögensschaden erlitten haben, können den sogenannten Kursdifferenzschaden geltend machen.
Anleger
Investoren, die sich in Form einer Anleihe an der ADLER Group oder einer ihrer Konzerntöchter beteiligt haben, können die Anleihe außerordentlich fristlos kündigen und den Nominalbetrag sofort fällig stellen.
Haftung der Wirtschaftsprüfer auf Schadensersatz?
Sollte sich zudem herausstellen, dass die Jahresabschlüsse der ADLER Group und ihrer Konzerntöchter uneingeschränkt testiert wurden, obwohl die Voraussetzungen für ein solches Testat nicht vorlagen, kommt auch eine Haftung der Wirtschaftsprüfer auf Schadenersatz wie im Fall der Wirecard AG in Betracht. Die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) ermittelt derzeit, ob der ehemalige Abschlussprüfer Ebner Stolz bei der Prüfung der ADLER-Bilanzen gegen Berufspflichten verstoßen hat. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen hat die Abschlüsse der ADLER Real Estate AG zwischen 2013 und 2020 testiert.
ADLER Aktie: Kurs fällt weiter
Nachdem die ADLER Group am 29. August 2022 ihre Halbjahreszahlen vorstellte, fiel der Kurs der Aktie weiter. Laut Geschäftsleitung betrug der Verlust in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 rund 600 Millionen Euro. Aktionäre warteten zudem vergeblich auf einen Dividendenvorschlag.
Nachdem die Aktie noch 2019 bei über 40 Euro lag, fiel sie inzwischen auf nur noch 2,80 Euro. Die am Mittwoch, den 31. August stattfindende Hauptversammlung dürfte turbulent werden...
Betroffene Aktien und Anleihen
Folgende Aktien und Anleihen wurden emittiert:
- ADLER Group S.A. (WKN: A14U78)
- ADLER Real Estate AG (WKN: 500800)
- Accentro Real Estate AG (WKN: A0KFKB)
- Consus Real Estate AG (WKN: A2DA41)
- ADLER Group S.A. EO-Notes 2017 (2017/2024) (WKN: A19L3U)
- ADLER Group S.A. EO-Ech. Bonds 2018 (2018/2023) (WKN: A2RUD7)
- ADLER Group S.A. EO-Notes 2020 (2020/2025) (WKN: A280V1)
- ADLER Group S.A. EO-Notes 2020 (2020/2026) (WKN: A28357)
- ADLER Group S.A. EO-Notes 2021 (2021/2026) (WKN: A287MU)
- ADLER Group S.A. EO-Notes 2021 (2021/2029) (WKN: A287MT)
- ADLER Group S.A. EO-Medium-T. Notes 2021 (2021/2027) (WKN: A3KP7A)
- ADLER Real Estate AG Anleihe 2017 (2017/2024) (WKN: A2G8S3)
- ADLER Real Estate AG Anleihe 2018 (2018/2023) (WKN: A2G8WY)
- ADLER Real Estate AG Anleihe 2018 (2018/2026) (WKN: A2G8WZ)
- Accentro Real Estate AG Anleihe 2020 (2020/2023) (WKN: A254YS)
- Accentro Real Estate AG Anleihe 2021 (2021/2026) (WKN: A3H3D5)
- Consus Real Estate AG Anleihe 2017 (2017/2024) (WKN: A2GSGE)
- Consus Real Estate AG Wandelschuldverschreibung (2017/2022) (WKN: A2G9H9)
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