Das Landgericht Stuttgart hat in einem aktuellen Urteil vom 08. August 2016 – 25 O 35/15 – die Widerrufsbelehrungen in fünf Immobiliendarlehensverträgen der Kreissparkasse Böblingen aus Januar, Oktober und November 2008 und September 2009 als fehlerhaft angesehen und einen Anspruch auf Zahlung von Nutzungswertersatz von 2,5 Prozentpunkten zugesprochen. Die Kläger hatten zum Zwecke der Finanzierung einer Eigentumswohnung in Leinfelden-Echterdingen in Schweizer Franken (CHF) ausgewiesene Fremdwährungsdarlehensverträge abgeschlossen. Sie wurden von HAHN Rechtsanwälte vertreten.
Das Landgericht Stuttgart stellt fest, dass die Darlehensverträge wirksam widerrufen worden seien. Die Widerrufsbelehrungen seien nicht als gesetzeskonform zu behandeln, weshalb sie die für die Kläger geltende Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt hätten. Die Beklagte habe in die Musterbelehrung durch eigene inhaltliche Bearbeitung eingegriffen, indem sie entgegen dem Gestaltungshinweis für den Fall eines finanzierten Erwerbs eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts abweichende Formulierungen verwandt habe. Ob auch die Fußnote 1, die Leerstelle nach der Information über die Widerrufsfrist oder der abstrakte Klammerzusatz beim Widerrufsadressaten im Abschnitt „Widerrufsrecht“ eine inhaltliche Änderung der Musterbelehrung darstellen, musste nach Auffassung der 25. Kammer des Landgerichts Stuttgart daher nicht entschieden werden.
Die Ausübung des danach noch bestehenden Widerrufsrechts durch die Kläger sei nicht rechtsmissbräuchlich; es sei auch nicht verwirkt. Die Beklagte habe es in der Hand gehabt, durch die gesetzliche vorgesehene Nachbelehrung für klare Verhältnisse zu sorgen. Aufgrund des wirksamen Rücktritts seien die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und gezogenen Nutzungen herauszugeben. Ferner spricht das Gericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des OLG Stuttgart den Klägern einen Nutzungsersatz von 2,5 Prozentpunkten über Basiszins zu. Soweit der Bundesgerichtshof den Wert der gezogenen Nutzungen mit Zinsen von 5 Prozentpunkten über Basiszins beziffert, sei dies auf Immobiliendarlehensverträge nicht zu übertragen. Allerdings habe die Rückabwicklung in der vertraglich vereinbarten Fremdwährung – mithin in CHF – zu erfolgen. Der Umstand, dass die Darlehensvaluten – nach einer bankentechnisch notwendigen Zwischenbuchung auf einem Devisenkonto – den Klägern gleichwohl als Eurobeträge ausbezahlt wurden, ändere an dem so zu verstehenden Inhalt der Leistung der Beklagten nichts.
„Das aktuelle Urteil des Landgerichts Stuttgart ist bundesweit für alle Kunden der Sparkassen von Bedeutung, deren Kreditvertrag eine nahezu identische Widerrufsbelehrung enthält“, stellt der Fachanwalt Peter Hahn fest. „Kritisch sehen wir allerdings, dass das Gericht sich mit unserem Vortrag zur Falschberatung der Darlehensnehmer aufgrund der Besonderheit der Finanzierung in CHF nicht auseinandergesetzt hat. Außerdem ist nach unserer Meinung bei der Rückabwicklung der Darlehen auf den damaligen Devisenumtauschkurs des CHF bei Gewährung derselben abzustellen“, so Hahn abschließend. Deswegen würden laut Hahn in diesem Einzelfall derzeit noch die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens geprüft werden.