Der beim Bundesgerichtshof für das Recht der unerlaubten Handlung zuständige VI. Zivilsenat hat am 25. Mai 2020 entschieden, dass dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG zustehen. Der Kläger kann Erstattung des Kaufpreises verlangen, muss sich aber für die gefahrenen Kilometer einen gewissen Gebrauchsvorteil anrechnen lassen und VW das Fahrzeug zur Verfügung stellen. „Das BGH-Urteil schafft Klarheit insofern, als betroffene VW-Kunden davon ausgehen können, ihren Schadensersatzanspruch gegen VW wegen sittenwidriger Schädigung durchzusetzen. Es hat insofern die Meinung der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte bestätigt“, sagt der Hamburger Fachanwalt Peter Hahn von HAHN Rechtsanwälte.
Am 10. Januar 2014 erwarb der dortige Kläger aus Rheinland-Pfalz einen VW Sharan TDI mit einem EA 189-Motor der Schadstoffklasse Euro 5 zu einem Brutto-Kaufpreis von 31.490,00 EUR als Gebrauchtfahrzeug. Der Kilometerstand bei Erwerb betrug 20.000 km. Die Beklagte ist Herstellerin des Motors und des Fahrzeugs. Die Software im Motor erkennt, ob der Pkw auf dem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einem Stickoxid-optimierten Modus. Im normalen Fahrbetrieb schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, in dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Im September 2015 räumte die Beklagte im Rahmen einer Ad hoc-Mitteilung die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Am 15. Oktober 2015 erging gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA).
„Das vorliegende BGH-Urteil verbessert die Erfolgsaussichten für Käufer eines abgasmanipulierten Fahrzeugs mit einem EA 189-Motor deutlich“, weiß Anwalt Hahn. „Es betrifft in erster Linie die VW-Kunden, die bereits Klage erhoben und sich noch nicht verglichen haben. Diese können nunmehr damit rechnen, vor Gericht zu obsiegen oder sich zu wirtschaftlich angemessenen Konditionen vergleichen zu können. Noch klagen können die VW-Kunden, die ihren Anspruch zur Musterfeststellungsklage angemeldet und sich nicht verglichen haben. Eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung wäre aber von Vorteil. Neu klagen können schließlich auch die Käufer, die ihr abgasmanipuliertes Fahrzeug mit einem EA 189-Motor erst in 2017 gekauft haben oder erst in 2017 bezüglich eines Software-Updates angeschrieben worden sind. Bei diesen Fällen wird der Bundesgerichtshof noch für ergänzende Klarheit zu sorgen haben“, sagt Hahn abschließend.