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BGH-Beschluss zum Software-Update der Volkswagen AG

Bremen, 12.03.2021

Mit Beschluss vom 09.03.2021 - VI ZR 889/20 - äußerte sich der Bundesgerichtshof zum Software-Update von Volkswagen, das der Autobauer bei Millionen Diesel Fahrzeugen mit EA189 Motor aufspielen lassen musste. Auch wenn mit dem Software-Update eine neue unzulässige Abschaltvorrichtung in Form eines Thermofensters implementiert worden sei, so der BGH, könnte ein Schadensersatzanspruch hieraus nicht hergeleitet werden. Schon frohlockt die Volkswagen AG und hofft auf ein schnelles Ende in vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten. Die Vorfreude ist jedoch verfrüht. VW hat das Aufspielen des Software-Updates dazu genutzt, eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung zu implementieren. Die Ausführungen des KBA machen insbesondere deutlich, dass VW das KBA im Genehmigungsverfahren insofern getäuscht hat.

Naturgemäß kann der Bundesgerichtshof nur über das entscheiden, was im Laufe des Instanzenzugs vorgetragen wurde. Insofern konnte er die jüngsten Entwicklungen bei dieser Entscheidung noch nicht berücksichtigen. Denn am 14. September 2020 hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) tausende Fahrzeuge des Modells Eos verpflichtend zurückgerufen und dabei konkret das Software-Update beanstandet, nach dessen Durchführung die Fahrzeuge erneut über eine unzulässige Zykluserkennung und Abschalteinrichtung verfügen (KBA-Referenznummer: 010225).  Auf Nachfrage von HAHN Rechtsanwälte präzisierte das KBA den Grund für den erneuten Rückruf und machte dabei deutlich, dass nicht das Thermofenster ursächlich war, sondern eine andere Strategie von VW:

„In dem betroffenen Fahrzeug wird eine Strategie zur Erhöhung der Raten der Abgasrückführung (AGR) nahezu ausschließlich unter den Bedingungen der Prüfung Typ 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genutzt. Die Strategie wird genutzt, solange die definierte Fahrkurve des Typprüfzyklus NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) mit einer geringen Toleranz erkannt wird. Mit Nutzung der Strategie wird der Emissionsgrenzwert für Stickoxide eingehalten. Schon kleine Abweichungen im Fahrprofil führen zur Abschaltung der Strategie. Dadurch wird die Wirksamkeit der AGR verringert und die Stickoxidwerte erhöhen sich. Diese Strategie wurde durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet […].“

Demnach bleibt die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund dieser weiteren Strategie auch nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 09.03.2021 grundsätzlich erfolgversprechend. Für den BGH kommt es, wie schon bei der ursprünglichen illegalen Prüfstanderkennungssoftware, maßgeblich darauf an, ob das Kraftfahrtbundesamt als Typgenehmigungsbehörde getäuscht wurde. Eine solche weitere Täuschung von VW liegt nunmehr bei der betroffenen Modellreihe Eos nachweislich vor. Weshalb jedoch allein diese Modellreihe und nicht weitere Modellreihen betroffen sein sollen, ist schwer nachvollziehbar. Da es stets um ein und denselben Motortyp (EA189) geht, wäre es naheliegend, dass sämtliche Pkw betroffen und damit sogar weiterhin stilllegungsgefährdet sind.

Zuhauf ist der BGH mit Dieselklagen beschäftigt. In weiteren Verfahren gegen die Volkswagen AG wird - sofern diese neuere Entwicklung in den Vorinstanzen vorgetragen wurde - die erneute Täuschungshandlung zu berücksichtigen sein.