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Mercedes-Gutachten im Abgasskandal: E-Klasse viel zu dreckig

Im November 2021 veröffentlichte die Deutsche Umwelthilfe ein Gutachten, nach dem eine untersuchte Mercedes E-Klasse über gleich acht mutmaßlich illegale Abschalteinrichtungen verfügt. Der Experte Felix Domke beschreibt dabei alle acht Strategien, die dazu führen, dass das Fahrzeug auf der Straße wesentlich mehr Stickoxid ausstößt als erlaubt, während die Emissionen auf dem Prüfstand unter dem Grenzwert bleiben.

Ein weiteres, vom Landgericht Stuttgart in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten hat ebenfalls klar gezeigt, dass Mercedes Diesel nur auf dem Prüfstand den gesetzlich vorgegebenen Grenzwert für Stickoxid einhalten. Auch hier war eine E-Klasse untersucht worden.

 


Gutachten November 2021: Acht Abschalteinrichtungen in Mercedes E 350

Am 04.11.2021 gab die Deutsche Umwelthilfe die Ergebnisse eines von der US-Anwaltskanzlei Milberg in Auftrag gegebenen Gutachtens bekannt. Der Software-Experte Felix Domke, der sich auch schon mit den Abschalteinrichtungen bei VW beschäftigt hatte, hatte einen Mercedes-Benz E 350 untersucht. Dabei entdeckte er gleich acht Abschalteinrichtungen, die laut Deutscher Umwelthilfe durchweg illegal sind.

Dabei schaltet das Fahrzeug entweder in einen sauberen Ammoniaklastmodus oder in einen dreckigen Alternativmodus.

In dem 30-seitigen Gutachten beschreibt er ausführlich alle acht Abschalteinrichtungen und weist auch darauf hin, dass alle acht im Zuge der Software-Update entfernt oder zumindest neutralisiert worden sind. Offensichtlich waren sie für den Betrieb des Fahrzeugs also nicht notwendig.

Wie zu erwarten, verbrauchte das Fahrzeug nach dem Software-Update jedoch wesentlich mehr AdBlue (da für die bessere Abgasreinigung natürlich mehr AdBlue eingespritzt werden muss). Waren es zuvor auf 1.000 Kilometer lediglich 0,75 Liter, waren nach dem Update auf 1.000 Kilometer 1,61 Liter nötig. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten müssen natürlich von den Kunden getragen werden. Ob das Software-Update noch weitere Auswirkungen hat (beispielsweise eine Verrußung des Motors), wurde nicht untersucht.

Die acht Abschalteinrichtungen:

  1. Abgasmassenstromgrenze (ab ca. 100 km/h wird nur so viel AdBlue zugeführt, dass das Stickoxid um maximal 60% reduziert wird)
  2. Stickoxidmassenstrom (stößt der Motor mehr als 15 mg/s Stickoxid aus, wird weniger AdBlue eingespritzt, auch hier ist der Wert bei ca. 100 km/h erreicht)
  3. Ansauglufttemperatur (bei unter 12 Grad Celsius wird in den Alternativmodus geschaltet, sprich weniger AdBlue eingespritzt)
  4. Schutz gegen Neustart (fährt das Fahrzeug erst einmal im Alternativmodus wird es hierdurch schwerer gemacht wieder in den sauberen Ammoniaklastmodus zurükzuschalten)
  5. SCR-Temperatur (wird im Katalysator eine bestimmte Temperatur von ca. 300 Grad Celsius erreicht, wird in den dreckigen Modus geschaltet)
  6. AdBlue-Durchschnittsverbrauch (erreicht der durchschnittliche AdBlue-Verbrauch 820 ml auf 1000 Kilometer, wird in den dreckigen Alternativmodus geschaltet; auch wird bei höherem AdBlue-Durchschnittsverbrauch der Wirkungsgrad der Reinigung deutlich reduziert)
  7. Starttemperatur des Motors (zwischen 18 und 35 Grad Celsius und einer maximalen Motortemperatur von 86 Grad Celsius arbeitet die Abgasrückführung optimal, außerhalb davon wird die Abgasrückführungsrate reduziert)
  8. "Hot & Idle" (ist der Motor warmgelaufen und befindet sich im Leerlauf, wird die Abgasrückführungsrate reduziert, beispielsweise wenn nach einer Autobahnfahrt in den Stadtverkehr gewechselt wird)

LG Stuttgart gibt Gutachten in Auftrag

Vor dem Landgericht Stuttgart wird derzeit unter dem Aktenzeichen AZ: 20 O 327/18 ein Verfahren im Mercedes Abgasskandal verhandelt (eines von vielen). Der von HAHN Rechtsanwälte vertretene Kläger wirft der Daimler AG vor, in seinem Mercedes-Benz E 350 CDI unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet zu haben. In diesem Zusammenhang behauptet er, der Stickoxidausstoß des streitgegenständlichen Fahrzeuges liege oberhalb des gesetzlich zulässigen Grenzwertes von 180 mg/km und dass dieses diesen Grenzwert nur auf dem Prüfstand erreichen würde. Die Daimler AG bestreitet dies.

Das Landgericht Stuttgart hat den Sachverständigen beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Hierzu sollte er Testfahrten im Realbetrieb, das heißt unter "normalen Nutzungs- bzw. Betriebsbedingungen" (EG-Verordnung Nr. 715/2007) durchführen. Die Außentemperaturen müssen hierzu zwischen -10 und + 35 Grad Celsius liegen. Das Auto darf während der Testfahrten zudem nicht schneller als 130 km/h fahren.

Der Sachverständige konnte den Verlauf der Testfahrten selbst festlegen. Dabei entschied er sich für eine Strecke von etwa 56 Kilometern Länge und einer Stunde Dauer, die zu je einem Drittel durch die Stadt, über Land und auf der Autobahn entlang führt.

Vor den Testfahrten wurde das Fahrzeug gereinigt, ein Ölwechsel durchgeführt und der Fehlerspeicher ausgelesen, wobei sich darin keine relevanten Einträge befanden. Die Achsen wurden vermessen und nach den Vorgaben des Herstellers eingestellt. Schließlich wurden die Räder auf Freigängigkeit geprüft und der Luftdruck der Reifen den Herstellervorgaben angepasst.

Abschließend wurde noch das Realmessgerät auf dem Rollenprüfstand validiert.

Grenzwert selbst bei optimalen Bedingungen überschritten

Die folgende Grafik zeigt deutlich, wie hoch der Stickoxidausstoß bei den vier Testfahrten war. Rot ist dagegen der Wert von 180 mg/km markiert, was dem erlaubten Grenzwert für Euro-5-Diesel entspricht.

Gutachten Mercedes E-Klasse

Die Testfahrten

Es wurden jeweils zwei Messfahrten mit kaltem und zwei mit betriebswarmem Motor durchgeführt. Zudem wurde dabei jeweils eine Messfahrt am Morgen und eine am Nachmittag durchgeführt, um möglichst unterschiedliche Außentemperaturen abbilden zu können. Es war bei allen Fahrten trocken und nur schwach windig.

Temperaturen während der vier Fahrten:

1. Fahrt: 21,5 bis 24 Grad

2. Fahrt: 27 bis 29 Grad

3. Fahrt: 18 bis 21 Grad

4. Fahrt: 22 bis 25 Grad

 

Besonderheit bei der dritten Messfahrt: Die Kameraauswertung ergab, dass auf der Landstraße längere Zeit hinter einem LKW hergefahren werden musste. Diese Situation ist hinsichtlich des Schadstoffausstoßes besonders günstig.

Die Ergebnisse

Bei allen 4 Messfahrten wurde der gesetzliche Grenzwert für Euro-5-Diesel von 180 mg/km klar überschritten. Dies ist besonders verfänglich, da nahezu optimale Bedingungen vorlagen. Der kleine Ausrutscher nach unten bei der dritten Messfahrt (die immer noch viel zu dreckig war) lässt sich durch die langsame Fahrt hinter dem LKW erklären.

1. Fahrt: 681,12 mg/km

2. Fahrt: 625,54 mg/km

3. Fahrt: 452,28 mg/km

4. Fahrt: 593,41 mg/km

 

So wurde das 2,5-fache bis das 3,8-fache des erlaubten Grenzwertes erreicht. Der Sachverständige stellte fest:

"Jedoch zeigen die Messungen eindeutig, dass obwohl nahezu optimale Wetterbedingungen vorlagen, der Wert von 180 mg/km um ein Vielfaches überschritten wurde".

Erläuterungen zu den Wetterbedingungen

Die Wetterbedingungen sind deshalb so wichtig, weil in den Dieseln von Mercedes ein sogenanntes Thermofenster verbaut ist. Dieses sorgt dafür, dass die Abgasreinigung ab etwa 7-10 Grad Außentemperatur reduziert wird. Deshalb schneiden Mercedes Diesel auch gerade bei Abgastests im Winter sehr schlecht ab, da bei niedrigeren Temperaturen noch einmal weit mehr Stickoxid ausgestoßen wird. Da diese tiefen Temperaturen bei den Testfahrten für das Gutachten jedoch gar nicht erreicht wurden, also nahezu optimale Bedingungen herrschten, kann das Thermofenster nicht der Grund für den hohen Stickoxidausstoß sein. Dies bekräftigt die Vorwürfe des Klägers, dass in seinem Fahrzeug gleich mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen vorhanden sind.

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