Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einem Hinweisbeschluss vom 13.01.2019 – 15 U 190/19 – die überzeugende Auffassung vertreten, dass sich ein Käufer eines abgasmanipulierten Dieselfahrzeugs Nutzungsvorteile für gefahrene Kilometer nur bis zu dem Zeitpunkt anrechnen lassen muss, zu dem er die Beklagte zur Rückabwicklung aufgefordert hat und sie sich in Annahmeverzug befindet. Hintergrund des Verfahrens vor dem OLG Hamburg ist, dass die dortige Klägerin von einem Autohändler einen Skoda Yeti zu einem Kaufpreis von 22.697,00 Euro erwarb. Infolge der Abgasmanipulation durch die beklagte Volkswagen AG beim EA 189-Motor erlitt sie einen erheblichen Wertverlust. Erstinstanzlich hat das Landgericht Hamburg der Klage in Höhe des Kaufpreises abzüglich eines Nutzungswertersatzes stattgeben. Dagegen ist die Klägerin im Wege der Berufung vorgegangen und hat klageerweiternd nunmehr die Kaufpreissumme ohne Wertersatz für gefahrene Kilometer geltend gemacht.
Das Oberlandesgericht erteilt nunmehr den rechtlichen Hinweis, dass sich die Klägerin einen Vorteil für gefahrene Kilometer nur begrenzt anrechnen lassen müsse. Sie müsse von ihr gezogene Nutzungen nur zum Zeitpunkt des Annahmeverzuges der Beklagten in Abzug bringen. Da sich die Beklagte dem berechtigten Anliegen der Klägerin auf Rückabwicklung verweigert habe, dürfe die vorsätzlich schädigende Beklagte nicht unbillig entlastet werden. Eine weitergehende Anrechnung sei der Klägerin nicht zumutbar und der Schädiger dürfe im Rahmen eines Prozesses keine Besserstellung durch eine Vorteilsausgleichung erfahren. Es sei ein paradoxes Ergebnis, wenn ein wegen sittenwidriger Schädigung haftender Auto- bzw. Motorenhersteller nach jahrelangem Prozess von seiner Schadensersatzzahlung im Wege der Vorteilsanrechnung vollständig frei würde.
„Der Hinweisbeschluss des OLG Hamburg hat erhebliche Bedeutung für weitere Verfahren wegen Herstellerhaftung im Abgasskandal“, sagt der Hamburger Fachanwalt Peter Hahn von HAHN Rechtsanwälte. „Wer als Herstellerin eines abgasmanipulierten Motors bzw. des entsprechenden Fahrzeugs Kunden sittenwidrig schädigt“, so Hahn weiter, „darf nicht auch noch unbillig entlastet werden. Es darf sich in unserer Rechtsordnung nicht für einen Schädiger bezahlt machen, einen Rechtsstreit möglichst lange heraus zu zögern“. HAHN Rechtsanwälte führt bundesweit Verfahren für Geschädigte im Dieselskandal und vertritt Privatkunden, Unternehmen sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts in Klageverfahren gegen die Volkswagen-Gruppe und die Daimler AG u.a.