Was ist die Nichtabnahmeentschädigung überhaupt?
Bei der sogenannten Nichtabnahmeentschädigung handelt es sich um eine Strafzahlung, die Banken und Sparkassen in bestimmten Fällen fordern dürfen. Dabei geht es um vereinbarte Kredite, die nicht abgenommen werden. In der Regel trifft dies auf Forward-Darlehen zu, die Darlehensnehmer vereinbaren können, um sich steigender Zinsen zu erwehren und sich die aktuellen Zinssätze zu sichern. Bis zu 60 Monate im Voraus lassen sich günstige Zinsen für eine Anschlussfinanzierung so sichern. Bei drohenden steigenden Zinsen oder sehr günstigen aktuellen Zinsen können Darlehensnehmer in der Zukunft so viel Geld sparen.
Doch Prognosen müssen nicht immer zutreffen. So kann es passieren, dass sich die Zinsen anders entwickeln, als erwartet und das vereinbarte Forward-Darlegen finanziell keinen Sinn mehr macht. Günstiger wäre es, stattdessen eine neue Anschlussfinanzierung mit den aktuellen Zinsen abzuschließen. Prinzipiell ist das natürlich möglich, doch wenn ein bereits vereinbartes Forward-Darlehen nicht abgenommen wird, darf die Bank dafür eine Strafzahlung erheben. Schließlich hatte sie mit festen Einnahmen aus diesem Darlehensvertrag geplant. Diese gehen ihr nun verloren, wenn das Darlehen nicht mehr gebraucht wird. Mit der Nichtabnahmeentschädigung sollen ihr die entgangenen Zinsen ausgeglichen werden.
Kreditnehmer müssen dies bedenken. Möchten sie einen neuen Kreditvertrag zu aktuellen Zinssätzen abschließen, müssen sie ausrechnen, ob diese zukünftige Ersparnis nicht durch die hohe Nichtabnahmeentschädigung aufgezehrt wird. So kann es finanziell vorteilhafter sein, das Forward-Darlehen anzunehmen und zähneknirschend zu bedienen.
Wie wird die Nichtabnahmeentschädigung berechnet?
Bei der Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung können Banken zwischen zwei Methoden wählen: Der Aktiv-Aktiv-Methode und der Aktiv-Passiv-Methode.
Aktiv-Aktiv-Methode: Hier wird bei der Berechnung davon ausgegangen, dass die Bank den nicht abgenommenen Kredit einem anderen Kreditnehmer zur Verfügung stellt. Wenn die Zinsen in der Zwischenzeit gesunken sind, erleidet sie dabei einen Verlust. Den Unterschied zwischen dem ursprünglich vereinbarten Zins und dem aktuellen Zins muss der Kreditnehmer mit der Nichtabnahmeentschädigung ausgleichen. Banken nutzen diese Methode jedoch selten, um die Höhe der Strafzahlung zu berechnen.
Aktiv-Passiv-Methode: Weitaus öfter wird die Aktiv-Passiv-Methode angewendet, um die Höhe zu berechnen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Bank das Geld, das ihr durch den nicht abgenommenen Kredit bleibt, in Hypothekenpfandbriefe anlegt. Über die Laufzeit des ursprünglich vereinbarten Darlehens würde sie entsprechende Zinseinnahmen erzielen. Diese liegen jedoch unter den Einnahmen, die sie mit den Zinsen aus dem Forward-Darlehen gemacht hätte. Diese Differenz muss der Darlehensnehmer mit der Nichtabnahmeentschädigung ausgleichen.
Bearbeitungs-, Verwaltungs- und Risikokosten: Banken dürfen für die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung ein Bearbeitungsentgelt in Rechnung stellen. Auf der anderen Seite müssen sie jedoch Verwaltungskosten, die aufgrund der Nichtabnahme ja nicht mehr anfallen, abziehen. Auch die Risikokosten muss die Bank von der Darlehenssumme abziehen. Wenn für die Baufinanzierung ein Sondertilgungsrecht vereinbart wurde, muss auch dieses in die Berechnung mit einfließen. Ebenso wie das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach zehn Jahren.
Berechnung überprüfen
Die Berechnung der Höhe der Nichtabnahmeentschädigung bzw. der Vorfälligkeitsentschädigung, die nach den gleichen Prinzipien berechnet wird, ist äußerst kompliziert. Wie Verbraucherschutzzentralen herausgefunden haben, zahlen Kunden regelmäßig viel zu hohe Beträge. In etwa jedem zweiten geprüften Fall hatten Kunden eine viel zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt. Deshalb kann es sich lohnen, von einem erfahrenen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht überprüfen zu lassen, ob die Summe korrekt berechnet wurde. Eventuell lassen sich so hohe Rückzahlungen erreichen, oder es muss von vornherein weniger gezahlt werden.
Was versteht man unter einer Vorfälligkeitsentschädigung
Auch bei der bereits erwähnten Vorfälligkeitsentschädigung handelt es sich um eine Strafzahlung. Aus unterschiedlichen Gründen kann es vorkommen, dass Verbraucher ein Darlehen vorzeitig kündigen oder ablösen möchten oder müssen. Gründe für eine vorzeitige Ablösung können eine Scheidung, der Verlust der Arbeit oder ein Erbe sein. Eventuell muss das Haus verkauft und das Darlehen vorzeitig zurückgezahlt werden, vielleicht steht aber auch einfach eine große Summe zur Verfügung, so dass das Darlehen auf einen Schlag zurückgezahlt werden kann. In diesen Fällen dürfen Banken und Sparkassen eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Diese kann sehr hoch ausfallen und schnell einen hohen vierstelligen Betrag erreichen. Dies ist vor allem dann ein Problem, wenn der Kreditvertrag vorzeitig gekündigt werden soll, um zu einer neuen günstigeren Baufinanzierung umzuschulden. Die Vorfälligkeitsentschädigung kann ein Umschulden unrentabel machen. Es gibt deshalb auch hier: Lassen Sie die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung prüfen!
Mit dem Widerruf können Sie sich Vorfälligkeitsentschädigung und Nichtabnahmeentschädigung sparen
Viele Kreditinstitute haben in der Vergangenheit fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in ihren Verträgen verwendet. Diese haben zur Folge, dass die Widerrufsfrist, die bei diesen Verträgen für Verbraucher eigentlich nur 14 Tage beträgt, nie zu laufen beginnt. Das bedeutet, Kunden von Banken und Sparkassen können in vielen Fällen ihre Verträge noch immer widerrufen. Mit weitreichenden Folgen! Denn ein erfolgreicher Widerruf führt zu einer Rückabwicklung des Vertrags. Der wichtigsten Punkte dabei: Das Kreditinstitut darf weder eine Vorfälligkeits- noch eine Nichtabnahmeentschädigung fordern. Letztendlich können Verbraucher mit einem Widerruf so tausende von Euros sparen.
Einsetzen können sie diesen Widerrufsjoker dabei auch bei Verträgen, die bereits abgelöst oder gekündigt worden sind. So ist es möglich, eine bereits gezahlte Vorfälligkeits- oder Nichtabnahmeentschädigung zurückzuholen.
Welche Fehler ermöglichen den Widerruf?
HAHN Rechtsanwälte ist die deutschlandweit führende Kanzlei auf dem Gebiet des Widerrufs von Baufinanzierungen. Wir haben bereits tausende Darlehensverträge geprüft und konnten dabei feststellen, dass nahezu alle fehlerhaft sind. So verfügen viele Verträge über fehlerhafte Widerrufsbelehrungen, in anderen fehlen Pflichtangaben.
Im Folgenden einige Fehler, die den Widerruf von Verträgen ermöglichen:
- Verwendung eines Kaskadenverweise (§ 492 Abs. 2 BGB)
- Der Darlehensnehmer wird nicht auf sein Kündigungsrecht hingewiesen
- Fehlerhafte Angaben zu den Zinsen
- Der Beginn der Widerrufsfrist wird nicht klar erläutert
- Unzureichende Angaben zu den Folgen eines Widerrufs
Für Verbraucher sind diese Fehler kaum zu erkennen. Deshalb kann es sich lohnen, wenn sich ein erfahrener Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht den Darlehensvertrag anschaut und auf entsprechende Fehler prüft.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Umschuldung zu einem neuen Kredit mit günstigeren Zinsen ist möglich
- Es muss keine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden
- Das Kreditinstitut hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung
Wann haben Sie Ihren Darlehensvertrag abgeschlossen?
Wenn Sie den Widerrufsjoker einsetzen möchten, dann muss zuerst geprüft werden, von wann Ihr Darlehensvertrag ist. Denn die Gesetzgebung hat sich mit der Zeit geändert. So gilt:
Grundsätzlich sind Darlehen widerrufbar, die
zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016
abgeschlossen worden sind.
Bei neueren Darlehen gilt, dass die Widerrufsfrist auch bei Fehler im Vertrag auf ein Jahr und 14 Tage begrenzt ist.
Unsere Urteile zum Widerruf von Baufinanzierungen
Landgericht Hamburg, Urteil vom 05.03.2021, 318 O 27/29:
Die Klägerin hatte im Mai 2011 mit der Hamburger Sparkasse einen Darlehensvertrag über 150.000,00 Euro abgeschlossen. Das Gericht urteilte, dass der Klägerin nicht alle Pflichtangaben vorgelegen hätten. Sie konnte deshalb das Darlehen noch im Oktober 2019 wirksam widerrufen. Die Sparkasse legte keine Rechtsmittel ein, so dass das Urteil bereits rechtskräftig ist.
Landgericht Hannover, Urteil vom 10.12.2020, 3 O 82/20:
Die Kläger in diesem Fall hatten im Juni 2011 mit der Provinzial Lebensversicherung einen Darlehensvertrag über 100.000,00 Euro geschlossen. Das Gericht bestätigte nicht nur die Wirksamkeit des 2020 ausgesprochenen Widerrufs, sondern präzisierte auch die Folgen der daraus folgenden Rückabwicklung. So muss das Kreditinstitut sämtliche Zahlungen der Darlehensnehmer mit einer Verzinsung in Höhe von 2.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zurückgewähren.
Landgericht Berlin, Urteil vom 08.12.2020, 38 O 164/20:
Im Juli 2015 schlossen zwei Kläger mit der ING-DiBa unter anderem einen Vertrag über ein Darlehen in Höhe von 50.000,00 Euro. Auch hier urteilte das Gericht, dass der im Dezember 2019 erklärte Widerruf wirksam war und zwar aufgrund einer unrichtigen Widerrufsbelehrung.
OLG Frankfurt, Anerkenntnisurteil vom 02.12.2020, 17 U 10/20:
Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte die Wirksamkeit eines Widerrufs gegenüber der Santander Consumer Bank. Es ging um einen Kredit in Höhe von etwa 10.000,00 Euro, den die Bank mit Vertrag vom 13.08.2018 gewährt hatte. Etwa 6 Wochen später erklärte der Kreditnehmer seinen Widerruf. Zu Recht, wie das Gericht nun bestätigte.
Landgericht Hannover, Urteil vom 12.08.2020, 4 O 188/19:
Im April 2011 schlossen zwei Kunden einen Darlehensvertrag mit der LBS Nord. Im Oktober 2018 widerriefen sie diesen Vertrag. Das Gericht erkennte Fehler in den Vertragsunterlagen und bestätigte damit die Wirksamkeit des Widerrufs.
OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.09.2019, 5 U 129/19:
Aufgrund eines "klassischen" Fehlers in der Widerrufsbelehrung, nämlich der Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", konnten zwei Kunden der Förde Sparkasse ihren Darlehensvertrag noch neun Jahre nach seinem Abschluss widerrufen. Die Rückabwicklung des Vertrags hat zur Folge, dass die Sparkasse den beiden über 10.000,00 Euro plus Zinsen und Kontoführungsgebühren erstatten muss.
EuGH urteilt verbraucherfreundlich zu Widerruf von Darlehen
Am 26.03.2020 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass die Verwendung eines sogenannten Kaskadenverweises in Widerrufsbelehrungen zu einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung und damit einem "ewigen" Widerrufsrecht von Verbrauchern führt. Bei diesem Verweis handelt es sich um die folgende Formulierung:
„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
§ 492 Abs. 2 BGB wiederum verweist auf weitere Paragraphen, wodurch Verbraucher nicht mehr in klarer und prägnanter Form über ihr Widerrufsrecht belehrt werden. Denn sie können kaum nachvollziehen, unter welchen Bedingungen und damit wann genau, ihre Widerrufsfrist zu laufen beginnt.
Der Europäische Gerichtshof stärkte damit das Widerrufsrecht von Verbrauchern.
HAHN Rechtsanwälte ist bundesweit die führende Kanzlei auf dem Gebiet des Widerrufs von Baufinanzierungen und konnte die meisten Urteile erlangen. Vertrauen Sie deshalb auf unsere Erfahrung und Expertise. Wenn Sie ein vereinbartes Darlehen ablehnen und die Bank deshalb aufgrund der entgangenen Zinsen eine hohe Nichtabnahmeentschädigung von Ihnen fordert, dann zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Ebenso, wenn Sie eine vorzeitige Ablösung des Kredits ins Auge fassen.
Wir bieten Ihnen derzeit eine kostenfreie Überprüfung Ihrer Verträge an. So erfahren Sie, ob auch Ihrer Bank Fehler unterlaufen sind und sie deshalb keinen Anspruch mehr auf Vorfälligkeits- oder Nichtabnahmeentschädigung hat.