Der Bundesgerichtshof (BGH) sorgte in einem Urteil vom 12. März 2014 – IV ZR 295/13 – für Klarheit bei den Abschluss- und Einrichtungskosten vorzeitig gekündigter „Netto-Policen“: Eine Kundin schloss im Jahre 2008 bei der liechtensteinischen PrismaLife AG eine fondsgebundene Rentenversicherung als sog. Netto-Police ab. „Netto-Police“ deshalb, weil die Zahlung von Vertriebskosten (Abschluss- und Einrichtungskosten) in einer separaten Kostenausgleichsvereinbarung geregelt wurde, wonach diese – von der eigentlichen Prämienzahlung unabhängig – in 48 gleichen Monatsraten zu zahlen sind. Vereinbart wurde überdies, dass eine vorzeitige Auflösung des eigentlichen Rentenversicherungsvertrages nicht auch zu einer Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung führen soll. In der Vereinbarung heißt es: „Mir ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen kann“
.Nach knapp 2 ½ Jahren kündigte die Kundin die fondsgebundene Rentenversicherung. Sie stellte gleichzeitig sämtliche Zahlungen auf die gesonderte abgeschlossene Kostenausgleichsvereinbarung ein. Die Versicherungsgesellschaft wollte dies nicht hinnehmen und klagte die restlichen Raten aus der gesonderten Vereinbarung ein. In den Vorinstanzen war die Klage unterschiedlich erfolgreich. Im März 2014 entschied der BGH nun, dass es möglich sein müsse, die gesonderte Kostenausgleichsvereinbarung zu kündigen. Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der der Versicherungsnehmer die Abschlusskosten unabhängig vom Fortbestand der Versicherung zahlen müsse, verstoße wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Während ein Abzug bei der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien bei herkömmlichen „Brutto-Policen“ allenfalls dazu führen kann, dass der Versicherungsnehmer keinen oder einen nur ganz geringfügigen Rückkaufswert erhalte, führe eine als unkündbar ausgestaltete Kostenausgleichsvereinbarung bei „Netto-Policen“ dazu, dass der Versicherungsnehmer mit Verbindlichkeiten belastet wird, die über dem Rückkaufswert liegen. Trotz Kündigung der Versicherung würde der Versicherungsnehmer daher wirtschaftlich nicht nur keinen Rückkaufswert erhalten, sondern müsse sogar noch weiter Abschlusskosten an die Versicherung zahlen, so der BGH. Deshalb könne das Kündigungsrecht nicht wirksam ausgeschlossen werden.
Interessant ist vor allem, dass der BGH die Kündigungserklärung der Kundin als Widerruf der Kostenausgleichsvereinbarung auslegte, der deshalb möglich war, weil die dreißigtägige Widerrufsfrist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG wegen einer unzureichenden Belehrung nie in Gang gesetzt wurde; es fehlte ein Hinweis darauf, dass im Falle des Widerrufs des Versicherungsvertrages auch die Kostenausgleichsvereinbarung widerrufen wird (sog. verbundene Verträge). Wir gehen davon aus, dass die Belehrungen in den Verträgen der Anbieter von „Netto-Policen“ regelmäßig unzureichend sind. Über den erklärten Widerruf konnte die Kundin daher zum einen erreichen, dass sie von der Zahlung künftiger Abschlusskosten befreit wird. Zum anderen war der Widerruf im Vergleich zur Kündigung auch deshalb vorteilhafter, weil ihr die Versicherung sämtliche in der Vergangenheit gezahlten Beträge zurückerstatten musste.
Für Kunden, die eine solche „Netto-Police“ abgeschlossen haben, zeigt auch dieses Urteil, wie man sich von unliebsamen Versicherungsverträgen lösen kann. Während die Anbieter solcher Produkte regelmäßig die Kostentransparenz loben, wächst demgegenüber vielfach die Kritik bei Verbraucherschützern. Denn durch die Verteilung der Belastungen auf zwei gesonderte Verträge geht tatsächlich Transparenz verloren, die der Vermittler wiederherstellen muss. Er muss dem Kunden leicht nachvollziehbar die Gesamtbelastung darlegen – und zwar sowohl für den Fall, dass der Versicherungsvertrag bis zum Ende der Laufzeit vertragsgemäß bedient wird, als auch für den Fall der vorzeitigen Kündigung in frühen Vertragsjahren. Genau hier liegt jedoch meist das Problem. Weil es an einer Vergleichsmöglichkeit der Abschlusskosten mit anderen Produkten regelmäßig fehlt. Kunden können daher nicht einschätzen, ob ihre Verträge vorteilhaft sind oder nicht, so RA Dr. Rosowski von hrp. Er empfiehlt daher, die getroffenen Kostenausgleichsvereinbarungen von einem versierten Anwalt prüfen zu lassen und die berechtigten Ansprüche auch durchzusetzen.