Aktuell haben mit dem OLG Stuttgart und dem LG München I gleich zwei Gerichte bestätigt, dass die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes zur Offenlegung von Rückvergütungen, den sogenannten Kick-Backs, nicht nur für Banken gilt.
Nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats haben Anlageberater auf Interessenkollisionen hinzuweisen (grundlegend insofern BGH, Urteil vom 19.12.2006 — XI ZR 56/05 -). Erhalten sie für die Vermittlung einer Kapitalanlage Rückvergütungen, so haben sie diese dem Kunden offenzulegen. Da es sich bei dem XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes um den sogenannten Bankensenat handelt, also den Senat, der für die Banken zuständig ist, ist diese Kick-Back-Rechtsprechung bislang explizit nur zu Banken ergangen. Danach muss ein Kreditinstitut, das Kapitalanlagen im Rahmen einer Anlageberatung empfiehlt, den Kunden darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe es Rückvergütungen beispielsweise aus Ausgabeaufschlägen, Verwaltungskosten oder dem Agio erhält. Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden diesen Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Denn es ist grundsätzlich denkbar, dass eine Anlageempfehlung nicht nur in Übereinstimmung mit den Kundenwünschen erfolgt, sondern vor allem deshalb, weil daran besonders gut verdient wird. Die Aufklärungsbedürftigkeit des Kunden entfällt dabei nicht bereits dadurch, dass der Kunde weiß oder damit rechnet, dass die Bank von den Kapitalsuchenden im Falle des Abschlusses einer Kapitalanlage eine Vergütung erhält. Insbesondere die Höhe der Rückvergütung ist aufklärungsbedürftig.
Dass diese Rechtsprechung nicht nur für Banken gilt, hat aktuell das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 04.03.2010 — 13 U 42/09 — bestätigt. Das Urteil ist zu zwei Falk-Fonds-Beteiligungen ergangen. In dem zugrunde liegenden Fall hatten der Anlageberater bzw. das Beratungsunternehmen eine Provision in Höhe von 12 Prozent der Beteiligungssumme im Wege der Rückvergütung erhalten.
Das Oberlandesgericht bestätigte, dass die Verpflichtung, Rückvergütungen offenzulegen, nicht nur Kreditinstitute trifft. Allerdings soll nach Auffassung des 13. Senats des Oberlandesgerichts Stuttgart diese Kick-Back-Rechtsprechung primär nur bei fortgesetzter Beratung (Dauerschuldverhältnissen) einschlägig sein, eine Auffassung, die nicht zu überzeugen vermag. In dem zugrunde liegenden Fall war zwischen den Parteien ein „Beratungsdienstvertrag“, der mit der Überschrift „Dauerberatung“ versehen war, abgeschlossen worden. Für diese Fallkonstellation nahm der Senat eine Offenlegungsverpflichtung im Hinblick auf die Rückvergütungen an. Daher sah das Oberlandesgericht Stuttgart auch keine Diskrepanz zu dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 11.06.2009 — 11 U 140/08 -, in dem der 11. Senat geurteilt hatte, dass für einen „allgemeinen“ Anlageberater keine grundsätzliche Pflicht bestehe, über Rückvergütungen aufzuklären. Diese Differenzierung geht indessen fehl, zumal das Oberlandesgericht Stuttgart vorher explizit ausgeführt hat, dass es nicht darauf ankommt, inwieweit der Anleger mit derartigen Provisionszahlungen rechnet.
Klarer und in sich konsequenter hat dagegen die 22. Zivilkammer des Landgericht München I mit Urteil vom 25.02.2010 - 22 O 1797/09 - bestätigt, dass die Kick-Back-Rechtsprechung auch auf „freie“ Anlageberater Anwendung findet. Das Landgericht München I bestätigte, dass der Anlageberater, der in diesem Fall eine Beteiligung an dem Falk-Fonds 60 vertrieben hatte, über die Rückvergütungen hätte informieren müssen. Dieses war unstreitig nicht geschehen. Nach den Erfahrungen von Hahn Rechtsanwälte Partnerschaft sind derartige Rückvergütungen regelmäßig nicht offengelegt worden. Das Landgericht München I bestätigte, dass die Verpflichtung zur ungefragten Offenlegung der Provision jeden Anlageberater treffe und nicht nur Banken. Die Gefahr einer Kollision zwischen dem Interesse an der Wahrung der Kundenbelange einerseits und dem Provisionsinteresse andererseits bestehe unabhängig davon, ob eine freie Finanzdienstleisterin wie die Beklagte oder eine Bank berät. Im Fall eines freien Finanzdienstleisters werde sich das Problem des Interessenkonflikts sogar noch markanter stellen, denn ein solches Unternehmen generiert den Umsatz praktisch ausschließlich durch den Vertrieb von Finanzprodukten, während einer Bank über das Einlagen- und Kreditgeschäft weitere wichtige Einnahmequellen zur Verfügung stehen.