Malta Bill No. 55: EuGH entscheidet zu Online-Glücksspiel
Malta hatte im Juni 2023 ein Gesetz verabschiedet, nachdem maltesische Gerichte in anderen EU-Staaten wie zum Beispiel Deutschland gefallene Urteile zum Online-Glücksspiel nicht vollstrecken dürfen – ein klarer Widerspruch zum EU-Recht, weshalb sich jetzt der EuGH zur Bill No. 55 äußern muss.
Erstellt am - letztes Update:Was bezweckt Malta mit der Bill No. 55?
Im Juni 2023 verabschiedete das Repräsentantenhaus von Malta die Bill No. 55 als Ergänzung zum Gaming Act. Darin heißt es unter anderem, dass Urteile von Gerichten aus anderen EU-Mitgliedstaaten gegen in Malta ansässige Glücksspielanbieter von maltesischen Gerichten weder anerkannt noch vollstreckt werden dürfen.
Mit anderen Worten sollen Urteile, die zum Beispiel vor einem deutschem Gericht gefallen sind und in denen maltesische Glücksspielanbieter dazu verurteilt wurden, Spielern Verluste zu erstatten, in Malta ignoriert werden.
Malta bezweckt damit den Schutz der eigenen Wirtschaft. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der maltesischen Wirtschaft hängt von der Glücksspielindustrie ab. Würden alle Entscheidungen deutscher Gerichte und solcher aus anderen Mitgliedsstaaten vollstreckt werden, dürfte dies die maltesische Wirtschaft empfindlich treffen.
So heißt es dann in Bill No. 55 auch wörtlich:
„The object and reason of this Bill is to codify in law the longstanding public policy of Malta encouraging the establishment of gaming operators in Malta who offer the local and cross-border supply of their services in a manner compliant with local legislation, in an effort to encourage private enterprise in line with article 18 of the Constitution of Malta.”
Den kompletten Text zur Bill No. 55 (auf Maltesisch und Englisch) können Sie hier einsehen:
https://parlament.mt/media/121901/bill-55-gaming-amendment-bill.pdf
Stellungnahme der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL)
Die GGL sah sich aufgrund zahlreicher Anfragen im August 2023 zu einer Stellungnahme genötigt.
Darin macht sie deutlich, dass sie selbst zwar nicht tätig werden wird, in dem Gesetz aber einen Widerspruch zum EU-Recht sieht.
„[…] Wir vertreten die Auffassung, dass dieses Gesetz mit europäischen Vorgaben zur Anerkennung von Entscheidungen (Verordnung (EU) 1215/2012) nicht vereinbar sein dürfte. […]“
Das Bundesministerium der Justiz sei in dieser Sache bereits an die Europäische Kommission herangetreten, weshalb man von der Einleitung eines Verfahrens ausgehe.
Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgerichts Wien: EuGH muss zu Bill No. 55 entscheiden
Am 13. Januar 2025 wurde dieses Verfahren schließlich vom Europäischen Gerichtshof eingeleitet, allerdings nicht auf Antrag der deutschen Justiz, sondern des Handelsgerichts Wien. Dieses hatte sich im August 2024 mit einer Vielzahl von Fragen an den EuGH gewandt. Das Verfahren am EuGH läuft unter dem Aktenzeichen C-683/24.
Das Wiener Gericht möchte dabei vom EuGH klären lassen, ob die Bill No. 55 europäischem Recht entgegen steht.
So heißt es in Frage 2:
„Sind Art. 45 Abs. 1 und Art. 46 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen, dass diese Bestimmungen einer nationalen Rechtsvorschrift entgegenstehen, die unabhängig von einer entsprechenden Antragstellung beim anerkennenden Gericht / Exekutionsgericht und einer Ausnutzung aller Rechtsbehelfe im Mitgliedstaat des Erstgerichts durch den Verpflichteten und ohne Prüfung durch das anerkennende Gericht / Vollstreckungsgericht eine Anerkennung (Art. 45 der o.g. Verordnung) und Vollstreckung (Art. 46 dieser Verordnung) von Entscheidungen von Gerichten anderer Mitgliedstaaten ausschließt für sämtliche Verfahren gegen Lizenzinhaber und gegenwärtige und frühere Führungskräfte und Schlüsselpersonen eines Lizenzinhabers wegen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Erbringung einer Spieldienstleistung, wenn eine solche Klage die Rechtmäßigkeit der Erbringung von Spieldienstleistungen in oder von Malta aus aufgrund einer von der Behörde erteilten Lizenz oder die Rechtmäßigkeit einer rechtlichen oder natürlichen Verpflichtung, die sich aus der Erbringung solcher Spieldienstleistungen ergibt, beeinträchtigt oder untergräbt und sich auf eine zugelassene Tätigkeit bezieht, die im Sinne dieses nationalen Gesetzes und anderer anwendbarer nationaler Regulierungsinstrumente rechtmäßig ist?“
Das komplette Vorabentscheidungsersuchen können Sie hier nachlesen:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:C_202500151
Was bedeutet die Bill No. 55 für Spieler die verlorenes Geld zurückholen wollen?
Es ist davon auszugehen, dass der Europäische Gerichtshof im Sinne der Spieler entscheiden wird, nämlich dass die Bill No. 55 gegen EU-Recht verstößt und deshalb zurückgenommen werden muss. Wann der EuGH diese Entscheidung fällen wird ist noch unklar, wir rechnen mit einer Entscheidung in den kommenden 12-16 Monaten.
Allerdings dürfen Spieler, die ihre Verluste zurückfordern wollen, die Verjährung nicht außer Acht lassen. Rückwirkend lassen sich Verluste grundsätzlich auf den Tag genau zehn Jahre zurückfordern. Mit jedem Tag, den man wartet, geht also Geld unwiederbringlich verloren. Zudem müssen Spieler innerhalb von drei Jahren zum Ende des Jahres, in dem sie Kenntnis von der Illegalität des Glücksspiels erlangt haben, Klage einreichen.
Cookie-Einstellungen
Diese Website nutzt Cookies und vergleichbare Funktionen zur Verarbeitung von Endgeräteinformationen und personenbezogenen Daten.
Die Verarbeitung dient der Einbindung von Inhalten, externen Diensten und Elementen Dritter, der statistischen Analyse/Messung, der personalisierten Werbung sowie der Einbindung sozialer Medien. Je nach Funktion werden dabei Daten an Dritte weitergegeben und an Dritte in Ländern, in denen kein angemessenes Datenschutzniveau vorliegt und von diesen verarbeitet wird, z. B. die USA. Ihre Einwilligung ist stets freiwillig, für die Nutzung unserer Website nicht erforderlich und kann jederzeit auf unserer Seite abgelehnt oder widerrufen werden.